Für die Theatergruppe der Gruschtelkammer in Auenwald fällt der letzte Vorhang

Die Gruschtelkammer hat sich bereits im Februar mit einem großen Galaabend von ihrem Publikum verabschiedet. Mit der Auflösung des Vereins steht auch das Ende der Theatergruppe der Auenwalder Kleinkunstbühne bevor. Ein Rückblick auf 27 Jahre voller Spielfreude.

Fast inkognito auf der Bühne: Bei dem Stück „Kaviar trifft Currywurst“ sitzt Gruschtelkammer-Chef Charley Graf (rechts) 2017 lange mit dem Rücken zum Publikum. Archivfoto: Alexander Becher

© Pressefotografie Alexander Becher

Fast inkognito auf der Bühne: Bei dem Stück „Kaviar trifft Currywurst“ sitzt Gruschtelkammer-Chef Charley Graf (rechts) 2017 lange mit dem Rücken zum Publikum. Archivfoto: Alexander Becher

Von Melanie Maier

Auenwald. Bis zur letzten Aufführung im April 2023 hat Petra Graf die Bühne mit Lampenfieber betreten. „Ich war immer ein Nervenwrack“, verrät die 64-Jährige. Und das, obwohl sie insgesamt 23-mal verkleidet und geschminkt als Amateurschauspielerin der Theatergruppe der Gruschtelkammer im Rampenlicht der Sängerhalle stand.

1997 hat Petra Graf, die mit Charley Graf, dem Chef der Auenwalder Kleinkunstbühne, verheiratet ist, mit einigen weiteren Mitgliedern des zugehörigen Fördervereins die Theatergruppe gegründet. „Wir sind auf die Idee gekommen, dass wir uns doch einfach selbst ein Stück ausdenken können“, erzählt sie. „Jeder von uns hätte ein Kapitel von ‚In der S-Bahn‘ schreiben sollen – das haben wir aber schnell wieder verworfen.“ Stattdessen kaufte die Gruppe eine Vorlage von einem Theaterverlag und münzte es auf sich um. „Damenringkampf in Auenwald“ hieß das erste Stück, das ein Jahr später in der Sängerhalle aufgeführt wurde. „Damals habe ich noch die Tochter gespielt, in unserem letzten Stück ‚Schnulleralarm‘ war ich dann die alte Sekretärin, die den Chef anhimmelt“, sagt Petra Graf und lacht. „Es war schon ein Riesenhobby und es ist wirklich schade, dass es jetzt vorbei ist.“

Dass die Theatergruppe sich auflösen würde, das stand fest, seit das Ende der Gruschtelkammer besiegelt war. Für die Kleinkunstbühne war kein Ersatz für die heimische Aufführungsstätte gefunden worden. Dass die Sängerhalle abgerissen werden soll, steht schon seit Jahren fest. „Damit war auch klar, dass es auch für uns früher oder später keine Bühne mehr geben würde“, erklärt Petra Graf.

Er hätte die vielen Proben und die Aufführungen dieses Jahr aber wohl auch nicht mehr geschafft, räumt Werner Pabst ein. „In der letzten Zeit hatte ich ein paar Einschläge“, sagt der 77-Jährige, der schon seit 2002 bei der Theatergruppe Regie führt und sich um die Auswahl der Stücke kümmert. Auch die Rollen hat er den Mitgliedern der Gruppe stets zugewiesen. „Da hat er immer ein gutes Händchen gehabt“, lobt Petra Graf. Wichtig war ihm auch, dass die Stücke in Mundart aufgeführt wurden. Da hat der Regisseur auch schon mal Vorlagen aus dem Plattdeutschen ins Schwäbische übertragen. „Das war ein Heideng’schäft“, sagt er. Die Arbeit lohnte sich. Die Aufführungen kamen bei den Zuschauerinnen und Zuschauern sehr gut an. „Beim Amateurtheater spielt es aber natürlich auch immer eine Rolle, dass die Leute einen kennen und es witzig finden, wenn sie diejenigen, die oben auf der Bühne stehen, kennen“, räumt Petra Graf ein.

Von November bis März wurde geprobt

Doch Bescheidenheit beiseite: Die Theatergruppe hat die Sängerhalle in der Regel sehr gut gefüllt und damit zu den Einnahmen der Gruschtelkammer beigetragen. „Wir Ehrenamtlichen haben es mit ermöglicht, dass die Gruschtelkammer ein super Programm zu einem vernünftigen Preis anbieten konnte“, weiß Werner Pabst. Nicht zuletzt war die Gruppe Mitglied beim Bund Deutscher Amateurtheater und beim Landesverband Amateurtheater Baden-Württemberg.

Werner Pabst war im Dezember 2001 von der Theatergruppe gefragt worden, ob er nicht Regie führen wolle. Der ehemalige Rektor der Grundschule Oberbrüden/Unterbrüden hatte zuvor viele Jahre die Theater-AG der Schule geleitet. „Für uns war es eine Wohltat, dass er kam, wir haben uns dann so gemausert“, schwärmt Petra Graf.

Von November bis März probte die Gruppe mindestens einmal pro Woche, vor den Aufführungen oft auch häufiger. Im April und Mai wurden die Stücke gezeigt.

Weitere Themen

Geschichten aus den vergangenen Jahren haben Petra Graf und Werner Pabst viele zu erzählen. 2012 beispielsweise musste der Regisseur spontan selbst auf die Bühne, weil ein Schauspieler nur zwei Tage vor der Premiere erkrankt war. Im Stück „Dem Himmel sei Dank“ gab er den Domkapitular – keine kleine Rolle. „Ich wusste zwar, wann ich drankomme, aber nicht, was ich dann sagen muss“, erinnert sich Werner Pabst. Petra Graf erzählt: „Er hat einen Knopf ins Ohr gekriegt, in seinem Gebetbuch lag der Text und die Souffleuse war nur für ihn da – wenn er es vorab nicht kommuniziert hätte, hätte das Publikum nie gemerkt, dass er eingesprungen ist.“ Werner Pabst sagt dazu: „Aber ich bin trotzdem 1000 Tode gestorben.“

Aus Unterstützung aus der Familie konnte immer gezählt werden

Auch Charley Graf trat einmal auf, 2017 im Stück „Kaviar trifft Currywurst“. „Er hat gesagt, er möchte einmal mitspielen“, sagt Petra Graf. „Aber einen Text lernen wollte er nicht.“ In der fiktiven Kneipe, die sich in ein Gourmetrestaurant verwandeln sollte, saß der Kleinkunstbühnenchef die ganze Zeit an der Theke. Erst zum Schluss drehte er sich zum Publikum um. „Das war ein Heidenspaß“, sagt Petra Graf, die in dem Stück die Wirtin mimte.

Das Bühnenbild entwarf stets Bernd Brendike, der meistens auch selbst auf der Bühne stand. „Bernd hat Raumausstatter gelernt. Es war immer toll, wie er das gemacht hat“, sagt Werner Pabst. Petra Graf fasst zusammen: „Du hast die Ideen gehabt, Bernd hat sie umgesetzt und wir übrigen waren die Handlanger.“ Auch Werner Pabsts Ehefrau Christine, die zweite Vorsitzende des Fördervereins Kleinkunstbühne, brachte sich ein: Sie war die Souffleuse.

Die Pandemie brachte die Aktivitäten der Gruppe drei Jahre lang zum Erliegen. Von 2020 bis 2022 konnten keine Aufführungen stattfinden. 2023 haben die Amateurschauspielerinnen und -schauspieler das schon eingeübte Stück „Schnulleralarm“ endlich auf die Bühne gebracht. „Den Text mussten wir alle natürlich noch mal neu einüben“, sagt Petra Graf. Dazu kam: Die Hälfte der Besetzung war neu, viele der Kerngruppe machten nach Corona nicht weiter, einige auch altersbedingt.

Die Aufführung war ein voller Erfolg. „Die Leute haben uns Standing Ovations gegeben. Das war großartig“, freut sich Werner Pabst. Nun ist nach fast 30 Jahren gemeinsamer Spielfreude also Schluss – fast zumindest. Ende Mai wird die Theatergruppe noch einen gemeinsamen Ausflug unternehmen, so wie auch schon in den vergangenen Jahren. „Ein Ausflug pro Jahr – das war praktisch immer unsere Gage“, sagt Petra Graf. Wohin es geht, verrät sie nicht. Das soll eine Überraschung werden.

Gruschtelkammer-Theatergruppe

Gruschtelkammer Die Kleinkunstbühne in Auenwald ist 1991 gegründet worden. Aus ihr hat sich die Theatergruppe entwickelt.

Anfänge 1997 beschlossen einige Mitglieder des Fördervereins, eine Theatergruppe zu gründen. Das erste Stück, „Damenringkampf in Auenwald“, wurde 1998 aufgeführt. Gestartet wurde mit zwei Aufführungen. Zuletzt waren es sechs pro Saison.

Team Die Anzahl der aktiven Mitglieder veränderte sich immer mal wieder. Regie führte von 2002 an Werner Pabst.

Ende Mit dem Ende der Gruschtelkammer war auch das Ende der Theatergruppe des Fördervereins besiegelt. Das letzte Stück, der Dreiakter „Schnulleralarm“, ist 2023 gezeigt worden – nachdem wegen Corona drei Jahre lang Pause war. Insgesamt hat die Gruppe 23 Stücke auf die Bühne gebracht.

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Erstellt:
3. Mai 2024, 06:00 Uhr

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