SG Sonnenhof Großaspach schafft die Pokalsensation

Der Tabellenführer der Fußball-Oberliga bezwingt im Halbfinale den Drittliga-Spitzenreiter SSV Ulm mit 2:0. Das Endspiel darf der Dorfklub nun am 25. Mai ebenfalls im heimischen Stadion austragen. Gegner wird der VfR Aalen sein, der sich beim Landesligisten TSV Buch mit 4:2 durchsetzte.

Torschütze Volkan Celiktas bejubelt mit ausgebreiteten Armen zusammen mit seinen Kollegen das 1:0.Fotos: Alexander Becher

© Alexander Becher

Torschütze Volkan Celiktas bejubelt mit ausgebreiteten Armen zusammen mit seinen Kollegen das 1:0.Fotos: Alexander Becher

Von Lars Laucke

Es gibt Spiele, die sind dazu geeignet, in die Geschichtsbücher eines Vereins einzugehen. Das Halbfinale im WFV-Pokal zwischen der SG Sonnenhof Großaspach und dem SSV Ulm ist so eine Partie. Nicht nur, dass der Fußball-Oberligist den Tabellenführer der Dritten Liga und designierten Aufstieger in die Zweite Bundesliga mit 2:0 aus dem Wettbewerb kegelte. Es war vor allem auch die Art und Weise, welche den Aspacher Anhang begeisterte. Ganz nüchtern betrachtet könnte man das Spiel auf drei Fixpunkte reduzieren: In der 41. Minute flog SG-Torjäger Dominik Salz mit gelb-rot vom Platz, in der 81. Minute erzielte Volkan Celiktas das 1:0, und in der 90. Minute folgte das 2:0 von Anthony Mbem-Som Nyamsi.

Die SG kauft dem SSV Ulm von Beginn an den Schneid ab.

Doch bringt diese Zusammenfassung nur einen Bruchteil der Dramatik dieses Pokalabends zum Ausdruck. Zunächst einmal war es erstaunlich, dass nicht der Drittliga-Spitzenreiter den Ton angab, sondern die Hausherren. Die SG presste von Beginn an hoch, kaufte den Ulmern regelrecht den Schneid ab und hatte gleich in den ersten Minuten mehrere kleine bis mittlere Torchancen. Kapitän Volkan Celiktas war davon aber nicht überrascht: „Ich weiß, was meine Mannschaft kann. Wir wussten, dass die Ulmer durchrotieren werden und haben uns darauf eingestellt.“ Die Gäste schonten viele Stammspieler, „wir haben sicherlich davon profitiert, dass sie dadurch nicht so eingespielt waren“, analysierte SG-Trainer Pascal Reinhardt später.

Erschwerend kam für den SSV hinzu, dass sie Innenverteidiger Lamar Yarbrough bereits nach zehn Minuten verletzt auswechseln mussten. Er war nach einem Zweikampf mit Anthony Mbem-Som Nyamsi liegen geblieben, SSV-Trainer Thomas Wörle befürchtete „eine schwere Knieverletzung“. Ein Fehler von Ulms Keeper Lorenz Otto hätte der SG in der 21. Minute fast die Führung beschwert. Denn er verlor den Ball im eigenen Strafraum, dem einschussbereiten Mert Tasdelen wurde die Kugel aber quasi vom Fuß zur Ecke weggespitzelt.

Eine Viertelstunde später kam es zu einem Platzverweis

Wenige Minuten später dann eine Szene, die noch großen Einfluss auf den weiteren Verlauf haben sollte: Dominik Salz ging an der Mittellinie zu ungestüm in einen Luftzweikampf mit Ulms Lukas Ahrend, Die Köpfe rasselten aneinander, Ahrend blieb einige Minuten am Boden und konnte nur mit einem dicken Kopfverband weiterspielen. Salz sah hier folgerichtig die gelbe Karte. Schwer nachzuvollziehen war hingegen der Platzverweis eine Viertelstunde später. Einen Distanzschuss von Niklas Mohr ließ Lorenz Otto hoch abprallen, der Ball kam an der Strafraumgrenze wieder runter, Salz stellte seinen Körper rein, ein Ulmer Verteidiger rannte von hinten in ihn rein und fiel dann zu Boden. Hier ein Stürmerfoul zu pfeifen, war nach einhelliger Meinung und auch nach Ansicht der Wiederholungen im Livestream schon schwer zu argumentieren. Die gelb-rote Karte für Salz war jedoch vollkommen überzogen.

In Unterzahl sprach nun vieles gegen die SG Sonnenhof Großaspach, was der Mannschaft jedoch herzlich egal zu sein schien. Zwar standen die Aspacher nun etwas tiefer, suchten jedoch auch in der zweiten Halbzeit immer wieder den Weg nach vorne. „Wir haben immer daran geglaubt. Ich habe in der Kabine gesagt, dass wir es können. Wir müssen es nur auf den Platz bringen. Und das haben wir heute getan“, sagte Volkan Celiktas. Es war bezeichnend, dass eine der größten Chancen der Ulmer durch einen Konter entstand. Eine Freistoßvariante der SG war in der 55. Minute ziemlich schiefgegangen, die Gäste liefen mit vier Stürmern gegen zwei Verteidiger aufs Aspacher Tor zu. Doch genauso bezeichnend war, dass Elias Rahn den Ball mit letztem Einsatz zur Ecke klärte und so den Ulmer Abschluss gar nicht erst zuließ. Der Ex-Aspacher Lucas Röser hatte dann noch einmal die Gästeführung auf dem Fuß, doch sein Schuss nach knapp einer Stunde ging haarscharf am Tor vorbei.

Kapitän Volkan Celiktas köpf das umjubelte 1:0

Ansonsten jedoch hatten die Aspacher auch in Unterzahl die deutlich besseren Chancen. So zirkelte Elias Rahn einen Freistoß in den Gästestrafraum, den Michel Kleinschrodt mit der Fußspitze aufs Tor brachte. Lorenz Otto konnte gerade noch zur Ecke klären (65.), ebenso wie einer seiner Kollegen sechs Minuten später, als der Ball nach einem Einwurf gefährlich vor dem Ulmer Kasten landete. Konrad Riehle kam in der 78. Minute nach einer Flanke von der rechten Seite noch einen halben Schritt zu spät. Doch drei Minuten danach war es so weit: Einen Freistoß von Anthony Mbem-Som Nyamsi köpfte Volkan Celiktas wuchtig zum 1:0 ins Tor.

Wer nun einen Sturmlauf der Ulmer erwartet hatte, wurde enttäuscht. Zwar hatten die Gäste jetzt noch mehr Ballbesitz, aber außer einer Flanke, die in der 88. Minute an Freund und Feind vorbeirauschte, kam nichts Gefährliches dabei heraus. Kurz darauf dann die endgültige Entscheidung: Konrad Riehle tanzte auf der linken Seite gleich zwei Gegner aus, legte quer auf Anthony Mbem-Som Nyamsi, und der schoss den Ball platziert ins linke Eck. „In dem Moment war allen klar, dass wir im Finale sind. Das ist ein unbeschreibliches Gefühl“, jubelte der Torschütze später. Und wie auch sein Kapitän Volkan Celiktas betonte er den Teamgeist seiner Mannschaft: „Dass wir auch nach dem Platzverweis weiter daran geglaubt haben, das zeigt, was für eine homogene Truppe wir sind. Da hat sich jeder gesagt: ,Jetzt erst recht!‘ Da ist nochmal ein Ruck durch die Mannschaft gegangen und jeder wollte es noch ein Stückchen mehr.“ So sah es auch Trainer Pascal Reinhard: „Wir haben es unbedingt gewollt und uns am Ende für den großen Aufwand belohnt. Ich bin unheimlich stolz auf die Mannschaft. Wir spielen jetzt das Finale daheim. Was könnte es Schöneres geben?“

Nicht wirklich schön war in den Augen vieler Besucher und Fans das, was Ulms Trainer Thomas Wörle anschließend im Interview äußerte. Dass die Verletzung von Lamar Yarbrough für ihn „schwerer wiegt als die Niederlage“, war angesichts des möglichen Zweitliga-Aufstiegs nachvollziehbar. Dass er dann allerdings die Schiedsrichterleistung kritisierte und seine Spieler „nicht geschützt“ sah, stieß so manchem auf SG-Seite sauer auf. So rief Vereinsgründer Uli Ferber dem Gäste-Coach anschließend noch laut hörbar die Worte „schlechter Verlierer!“ hinterher – und war mit dieser Meinung sicher nicht alleine. Doch die Feierlaune bei der SG Sonnenhof Großaspach konnte dies kaum trüben, denn am 25. Mai (Gegner ist der VfR Aalen) steht der Verein zum dritten Mal nach 2009 und 2012 im Finale des WFV-Pokals.

SG Sonnenhof Großaspach Reule – Mohr, Nuraj, Frölich, Rahn (66. Landwehr) – Celiktas – Tasdelen (70. Riehle), Mistl (85. Engel), Stoppel (60. Kleinschrodt), Mbem-Som Nyamsi (90. + 3 Dautej)– Salz.
SSV Ulm Otto – Kudala, Yarbrough (10. Degraf, 72. Ströbele), Ahrend, Jann – Ludwig, Geyer, Risch, Hannemann – Higl (46. Kastanaras), Röser.

Tore 1:0 Celktas (81.), 2:0 Mbem-Som Nyamsi (90.). – Schiedsrichter John Bender – Zuschauer 2058.

Zum Artikel

Erstellt:
1. Mai 2024, 22:44 Uhr

Artikel empfehlen

Artikel Aktionen

Lesen Sie jetzt!

Rems-Murr-Sport

„Ich glaube, dass noch alles möglich ist“

Interview Vor dem Heimspiel von Großaspachs Oberliga-Fußballern am Samstag um 15.30 Uhr gegen Normannia Gmünd verrät LinksverteidigerNiklas Mohr, wie die SG Sonnenhof mit dem Absturz auf Rang drei umgeht. Der 19-Jährige betont, dass der Aufstieg weiterhin das klare Ziel ist.

Rems-Murr-Sport

Im Schwimmbecken erwachsen werden

Die Arbeit mit dem Nachwuchs wird bei den Wasserballern der TSG Backnang großgeschrieben. Jugendtrainer Stefan Grüner legt viel Wert auf das Training seiner Schützlinge und möchte früh den für sie passenden Platz im Schwimmbecken finden.

Rems-Murr-Sport

Leistungsträger auf und abseits des Platzes

Familienbande im Sport (4) Ohne die Stoppels geht bei der SG Oppenweiler-Strümpfelbach wenig. Siegfried und Richard Stoppel zählten zu den Gründungsmitgliedern, zwei ihrer Söhne leiten die Fußball- und die Tennisabteilung, die jüngste Generation zeigt ihr sportliches Können.