Schauspielerin Leslie Roehm schlüpft in vier Rollen

Vier Monologe der Schauspielerin und Regisseurin Ingrid Lausund trägt Leslie Roehm, bekannt aus „Der Gänsekrieg“, im Bandhaus-Theater vor.

Ein rotes Handtuch, eine hellbeige Rentnerkappe, eine Teekanne und eine Fanfarentrompete unterstützen Leslie Roehm bei ihrem Spiel. Foto: Alexander Becher

© Alexander Becher

Ein rotes Handtuch, eine hellbeige Rentnerkappe, eine Teekanne und eine Fanfarentrompete unterstützen Leslie Roehm bei ihrem Spiel. Foto: Alexander Becher

Von Miklós Vajna

Backnang. Ein Stuhl, ein Tisch, darauf einige Gegenstände, ein schwarzes Klavier. Nachdem der Pianist Gerhard Kleesattel davor Platz genommen hat, begrüßt Juliane Putzmann im Backnanger Bandhaus-Theater zur folgenden Lesung: vier Monologe von Ingrid Lausund, vorgetragen von der Schauspielerin Leslie Roehm.

Ingrid Lausund ist Schauspielerin und Regisseurin. Sie schreibt Theaterstücke und – unter dem Pseudonym Mitzi Meyer – die Drehbücher zu der Fernsehserie „Der Tatortreiniger“. Außerdem schrieb sie unter dem Titel „Bin nebenan“ Monologe für zu Hause. Dabei geht es um Menschen, die versuchen, sich im nicht ganz so leichten Leben zurechtzufinden. In den Texten bleibt allerdings die Subtilität zugunsten einer allgemein gehaltenen Eingängigkeit etwas auf der Strecke.

Je ein Requisit für jede Geschichte

Schauspielerin Leslie Roehm wurde in Gaildorf geboren und war schon mehrere Male in Produktionen des Bandhaus-Theaters zu sehen, zuletzt im Freilichttheaterstück „Der Gänsekrieg“als Hagin.

Nach einer brillanten Klavierintroduktion des Pianisten tritt Leslie Roehm auf, mit einem roten Handtuch als Turban nach dem Bad um den Kopf gewunden. Mit jeweils einem Requisit für die vier Geschichten – besagtem roten Handtuch, einer hellbeigen Rentnerkappe, einer Teekanne und einer Fanfarentrompete – wird die Situation der monologisierenden Person angedeutet. Da geht es um eine Badende, die sich scheinbar wohl und zufrieden in ihrem luxuriösen Badezimmer fühlt und nichts anderes will, als durch Wellness und Entspannung ganz bei sich, in ihrer Mitte zu sein. Leider lässt sich das unterschwellige Bewusstsein für die Problematik in Afrika nicht unterdrücken und versetzt sie in eine alptraumartige Situation, aus der sie sich nur schwer befreien kann.

Dann geht es um einen älteren Herrn, der nicht mehr so klar denken kann und sich bei einem Kaufhausbesuch in der Universität bei hochwissenschaftlichen Vorlesungen wähnt. Es gelingt ihm kaum, beide widersprüchlichen Realitäten zu durchschauen, geschweige denn zu trennen.

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Auch die alleinstehende, einigermaßen wohlhabende Dame, die stolz auf ihre liberale und vorurteilsfreie Haltung und Einfühlsamkeit ist, muss feststellen, dass sie, wenn es drauf ankommt, dann doch nicht so reagiert, wie sie es gerne hätte. Im letzten Monolog steigt bei einer Kunststudentin, die ihr Studium abgebrochen hat, ein Wust von Traumata auf, aktiviert durch ein Gemälde namens „Das Jüngste Gericht“ und der daraus resultierenden Erscheinung der überkritischen Mutter. Die Probleme lassen sich aber erfreulicherweise lösen, die Zukunft scheint nun endlich positiv.

Die Situationskomik wirkt befreiend

Leslie Roehm liest und spielt sehr konzentriert. Durch ihre Einfühlsamkeit werden die Texte auf ein höheres Level gehoben. Die verwendeten Mittel sind dezent und sparsam eingesetzt, umso stärker ist die Wirkung der wenigen Ausbrüche.

Die verkörperten Personen und Situationen sind in sich schlüssig gezeichnet mit einer großen emotionalen, manchmal auch bedrückenden Bandbreite. Unerwartete Situationskomik und Wortwitz wirken dagegen sehr befreiend. Genüsslich spielt Leslie Roehm mit dem entlarvenden Bewusstwerden geheimer Wünsche und übertünchter Vorurteile. Man folgt ihr gebannt durch die Verwicklungen und Wirrungen der monologisierenden Personen.

Zwischen den Monologen reflektiert das Klavier die Stimmungen und bereitet auf das Folgende vor. Gerhard Kleesattel hat die Klavierstücke kongenial und mit Bedacht ausgewählt und spielt mit Prägnanz und Sensibilität. Das Publikum wird gleich von Anfang an in das Geschehen hineingesogen und ist für die Dauer der Lesung gänzlich absorbiert. Die Konzentrationsdichte entlädt sich bisweilen durch spontanes und befreiendes Lachen. Der Schlussapplaus ist frenetisch, begleitet von Bravorufen.

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Erstellt:
9. April 2024, 06:00 Uhr

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