Besuch aus den Partnerstädten auf dem Backnanger Straßenfest

Zum Straßenfest reisen immer auch Gäste aus Annonay, Chelmsford und Bácsalmás an. Wie erleben sie das Backnanger Event des Jahres? Und was halten sie überhaupt von Backnang selbst? Wir haben Besucherinnen und Besucher aus allen drei Partnerstädten gefragt.

Françoise Michaud (links) ist aus Annonay zum Straßenfest gereist. Foto: Alexander Becher

© Alexander Becher

Françoise Michaud (links) ist aus Annonay zum Straßenfest gereist. Foto: Alexander Becher

Von Melanie Maier

Backnang. Das Straßenfest ist für János Krix schon seit Ende der 1980er fast jedes Jahr die Gelegenheit, um seine Verwandten aus der Backnanger Umgebung wiederzusehen. Der 69-Jährige ist der Vorsitzende der deutschen Minderheitenselbstverwaltung in Bácsalmás. Seine beiden Cousins wohnen in Kleinaspach beziehungsweise Rietenau, die Cousine in Großaspach. Bei ihr sind János Krix und seine Familie noch bis Mittwoch untergebracht. Mit dabei ist nicht nur seine Frau: Auch die Tochter, deren Mann und ihre beiden Kinder sind mitangereist. Die Kinder und Enkel seiner Cousine sind etwa im selben Alter. „Es ist schön, dass hier drei Generationen zusammenkommen“, freut sich Krix. „Das kommt nicht so oft vor.“

Auf dem Straßenfest hilft er meistens beim Auf- und Abbau des Bácsalmás-Stands. Neben den offiziellen Terminen, die die Backnanger Stadtverwaltung stets für die Delegationen aus den Partnerstädten organisiert – in diesem Jahr zum Beispiel ein gemeinsames Mittagessen am Samstag – versucht er, möglichst viel Zeit mit seinen Freunden, Bekannten und Verwandten zu verbringen. „Diese Beziehungen muss man pflegen“, betont er.

Aus dem Rummel ist er herausgewachsen

Das vielfältige Straßenfest-Programm ist für Krix zweitrangig. „Ich kenn ja schon fast alles“, sagt er. Und aus dem Rummel sei er herausgewachsen, da seien eher seine Kinder und Enkel. Wichtig war für ihn dieses Jahr der gemeinsame Gottesdienst des katholischen Pfarrers Wolfgang Beck und seines ungarischen Kollegen Balázs Joó. Denn auch in der katholischen Kirche in Bácsalmás ist János Krix im Vorstand.

Am Mittwoch geht es für ihn und seine Familie sehr früh zurück nach Ungarn. Etwa zwölf Stunden dauert die Fahrt mit dem Kleinbus, „man muss halt aufs Gaspedal drücken“, sagt er. Aber auch das gehört für ihn zu einem Straßenfest-Besuch dazu.

Stephen Robinson und Mary Regnier-Wilson sind zum ersten Mal auf dem Fest

Ihr erstes Straßenfest überhaupt haben dieses Jahr Landrat Stephen Robinson und seine Lebensgefährtin Mary Regnier-Wilson aus Chelmsford erlebt. Ihren Aufenthalt in Backnang haben die beiden spontan in die Urlaubsplanung eingebunden. David Whitehead, erster Vorsitzender des Partnerschaftsvereins Backnang/Chelmsford, lud sie ein zu kommen, nachdem er erfahren hatte, dass sie mit dem Zug durch Europa reisen. Backnang gefällt den beiden ausnehmend gut. „Ich finde, die Stadt sieht aus wie in ‚Die Schöne und das Biest‘“, sagt Regnier-Wilson. „Die Innenstadt wirkt wie aus dem Märchen.“ Durch die vielen Bäume und Brunnen sei es selbst bei der Hitze sehr angenehm im Zentrum, fügt sie hinzu.

Landrat Stephen Robinson aus Chelmsford und seine Lebensgefährtin Mary Regnier-Wilson waren in diesem Jahr zum ersten Mal in Backnang. Foto: Melanie Maier

Landrat Stephen Robinson aus Chelmsford und seine Lebensgefährtin Mary Regnier-Wilson waren in diesem Jahr zum ersten Mal in Backnang. Foto: Melanie Maier

Was ihnen am meisten am Straßenfest zugesagt hat? „Langos!“, so Regnier-Wilson wie aus der Pistole geschossen. „Ich liebe Langos!“ Außerdem schätze sie die vielen verschiedenen Musikstile auf den Bühnen. „Es könnte sein, dass wir die Heavy-Metal-Bands verpassen“, sagt sie zwinkernd, die Musikrichtung sei „not her cup of tea“, also nicht ihr Fall oder eben „nicht ihre Tasse Tee“, wie die Briten so schön sagen.

Die Treffen stehen im Vordergrund

Doch der Besuch in Backnang bedeutet den beiden natürlich noch viel mehr als Langos und Konzerte. „Nach dem Brexit ist es für uns umso wichtiger, die Beziehung zu unseren europäischen Nachbarn aufrechtzuerhalten“, erklärt Robinson. Zudem inspiriere ihn das Straßenfest zu Ideen für das Chelmsford-Festival, das einen Monat lang dauert. Robinson und Regnier-Wilson sind sich sicher, dass ihr erster Besuch auf dem Straßenfest nicht der letzte bleiben wird.

Gloria Nichols hat schon viel Straßenfest-Erfahrung. Vor 32 Jahren, 1991, war sie erstmals am dritten Juniwochenende in Backnang. Die heute 74-Jährige arbeitete damals für die Stadtverwaltung Chelmsfords und war unter anderem für die Pflege der Beziehung zu den Partnerstädten zuständig – zu denen neben Backnang übrigens auch Annonay gehört. „Damals war das Fest noch nicht ganz so kommerziell“, erinnert sie sich. „Es gab viel mehr Kunsthandwerk.“ Außerdem, sagt sie, habe sich die Städtepartnerschaft auf das Programm ausgewirkt: Auf den Bühnen standen in manchen Jahren Bands aus Chelmsford.

Die Verbindung zu Backnang hat Nichols über ihr Berufsleben hinaus begleitet. Als sie 2004 in Rente ging, schloss sie sich dem Partnerschaftsverein an. Momentan ist sie die zweite Vorsitzende. Als solche stand sie bereits im Backnanger Bürgerhaus auf der Bühne und musste zum Straßenfest eine Rede halten. „Angefangen habe ich auf Deutsch, aber ich war so aufgeregt, dass ich nach der Hälfte der Rede ins Englische übergegangen bin“, verrät sie.

Die meisten Besucher sind privat untergebracht

Normalerweise, sagt sie, verbringe sie am Straßenfest viel Zeit an den langen Bierbänken auf dem Marktplatz, bei einer Portion Maultaschen oder einer Bratwurst. Doch wegen der Hitze sei sie in diesem Jahr vor allem mit ihrer Gastgeberin Dorothée Ziesik – der zweiten Vorsitzenden des Partnerschaftsvereins Backnang/Chelmsford – im Garten gesessen und habe sich einige Gläser Prosecco genehmigt. „Aber darum geht es ja auch, dass man die gemeinsame Zeit genießt und einfach miteinander Spaß hat.“

Die meisten Gäste aus Annonay, Chelmsford und Bácsalmás sind während des Straßenfests privat untergebracht. So auch Françoise Michaud. Sie übernachtet bei Inge Wagner, der ersten Vorsitzenden des Vereins Freunde der Städtepartnerschaft Backnang/Annonay. Und das nun schon zum vierten Mal. „Inge ist zu einer Freundin geworden“, sagt Michaud. Die 49-Jährige ist die zweite Präsidentin des Partnerschaftskomitees aus Annonay. Und sehr angetan von Backnang. „Es ist eine sehr schöne Stadt“, sagt sie. „Ich liebe es, die Marktstraße herunterzuspazieren. Die Fachwerkhäuser sind herrlich, insbesondere das Rathaus, und die Natur ist in der Stadt omnipräsent.“ So viele Blumen und Bäume wie in Backnang gebe es in Annonay nicht.

„Es ist immer eine Freude, zum Straßenfest zu kommen“, sagt Françoise Michaud. Wenn sie ihre deutschen Freunde treffe, steige auch der Druck, wieder vermehrt Deutsch zu lernen – was sie sehr gut findet. Was sie von jedem Straßenfest mit nach Hause nimmt, ist ein Straßenfest-Bierkrug. Vier davon haben nun schon einen Ehrenplatz in ihrem Heim bekommen. „Das ist immer eine schöne Erinnerung“, sagt sie.

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Erstellt:
27. Juni 2023, 06:00 Uhr

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