Das Lamm, ein beliebtes Tier zu Ostern

Bei der Familie Kurmann kaufen kurz vor Ostern besonders viele Menschen Lammfleisch ein. Die Schafzüchter aus Aspach-Altersberg legen dabei großen Wert auf Transparenz. Die Kunden kommen meistens vorher vorbei und schauen sich den Stall und die Tiere selbst an.

Rainer und Denise Kurmann, auf dem Foto gemeinsam mit Sohn Julian, widmen sich mit Leidenschaft ihrer Lammzucht. Fotos: Alexander Becher

© Alexander Becher

Rainer und Denise Kurmann, auf dem Foto gemeinsam mit Sohn Julian, widmen sich mit Leidenschaft ihrer Lammzucht. Fotos: Alexander Becher

Von Anja La Roche

Aspach. Oben in Altersberg (Gemeinde Aspach), genauer: auf dem Hof der Familie Kurmann, herrscht zurzeit Hochbetrieb. 132 Mutterschafe, ein Zuchtbock und 135 Lämmchen stehen futternd und blökend im Stall. Die K-Woche, sagt Denise Kurmann, sei eine arbeitsintensive Zeit, denn an Ostersonntag wünschen sich viele Familien einen Lammbraten auf dem Tisch. Doch was genau hat das Lamm mit Ostern zu tun? Dass sich manche Menschen einen Lammbraten zu Ostern gönnen, ist zwar keine christliche Tradition in dem Sinne, dürfte aber an der symbolischen Bedeutung des Tiers liegen. Denn im Gegensatz zum Osterhasen, der nicht in der Bibel vorkommt, ist das Lamm ein Symbol für die Auferstehung Christi und sogar für Jesus Christus selbst (siehe Infotext).

Ob die Lämmer der Schäferei Kurmann zu Ostern oder an anderen Tagen auf den Tisch kommen – die Familie kümmert sich mit viel Sorgfalt und Aufwand um die Kleinen, bis es für sie zum Schlachter geht. Denise und Rainer Kurmann betonen, dass ihnen dabei das Tierwohl besonders am Herzen liegt. „Für uns hat das Lamm einen sehr hohen Stellenwert, nicht nur an Ostern“, erklärt die 37-Jährige. „Einfach, weil es ein Lebewesen ist.“

Meist lammen die Muttertiere rund um Weihnachten, dieses Jahr war es schon im Oktober so weit. „Bei uns ist gerade Lammzeit“, sagt Denise Kurmann dann ihren Kollegen im Bandhaus-Theater in Backnang, wo sie auf Minijobbasis arbeitet. Im Idealfall steht das schwangere Schaf schon im Stall, denn wenn es so weit ist, müssen sie schnell herbeieilen und nach dem Rechten schauen. Bei schwierigen Geburten greifen sie ein und rufen im Notfall ihren Bekannten oder den Tierarzt. Nachts um ein Uhr und sonst alle drei bis vier Stunden guckt Denise Kurmann in dieser Zeit nach den Tieren. Weil ihr Mann in einer 80-Prozent-Stelle als gelernte Elektrotechniker arbeitet, übernimmt sie den Großteil der Arbeit.

Etwa fünf bis zehn Lämmer im Jahr muss Denise Kurmann mit der Flasche füttern. Das verlangt ihr körperlich einiges ab. Nachts und mehrmals am Tag muss sie aufstehen und raus in die Kälte zum Stall, um die Kleinen zu versorgen. Doch das Schöne ist: Zu den Lämmern entsteht in dieser Zeit eine besonders enge Bindung; durch das Fläschchengeben werden sie zutraulich.

Der Heizraum und die Flasche haben Timmy gerettet

Dass sie immer wieder die Jungtiere selbst mit der Flasche füttern muss, hat unterschiedliche Ursachen. Manchmal verstoßen die Muttertiere ihre Jungen, manchmal können sie keine Milch geben oder das Lamm hat zum Beispiel einen starken Überbiss. Timmy, der auf dem großen Foto im Arm von Denise Kurmann liegt, war beispielsweise auch so ein Sorgenkind. Er kam im Herbst gemeinsam mit seinem Zwilling zur Welt, doch die Mutter hat ihn verstoßen und nur sein Geschwisterchen akzeptiert. Seine Rettung waren der Heizraum und die Flasche.

So ist der Alltag mit einer Schafzucht nicht nur Idyll, sondern auch harte Arbeit und ein Bangen um Leben und Tod in vielen Situationen. Im Schnitt würden bei deutschen Schäfereien rund 20 Prozent der Neugeborenen sterben, berichtet Denise Kurmann. „Wir versuchen aber immer, unter zehn oder fünf Prozent zu kommen.“

Geht alles gut, stehen die Lämmchen innerhalb kürzester Zeit, nachdem sie auf die Welt geplumpst sind, auf eigenen Beinen. Einige Wochen später, sobald sie fressen können, bedienen sie sich am Futter. Das besteht aus Weizen, Gerste, Hafer, Futtererbsen, Mineralstoffen und Futterkalk; das Getreide baut die Familie dabei selbst an.

Ein elektrisches Futterband bugsiert das Futter quer durch den modernen Stall.

© Alexander Becher

Ein elektrisches Futterband bugsiert das Futter quer durch den modernen Stall.

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Schnell nehmen die wolligen Huftiere zu, bis zu 600 Gramm am Tag – dazu ist die irisch-amerikanische Fleischschafrasse, die sich Suffolk nennt, immerhin gezüchtet. In zwei bis drei Wochen geht es für die Schafe, die noch nicht geschlachtet werden, raus auf die Koppel. Bis dahin können sie aber auch den Auslauf am Stall nutzen.

Wenn sie die Streuobstwiesen abweiden, ist das auch ein wertvoller Beitrag zur Landschaftspflege. Verkauft werden nicht nur das Fleisch, sondern auch die Felle und die Wolle, weiterverarbeitet zu Jacken, Decken, Schafwolldünger und mehr. Die Kurmanns arbeiten dabei möglichst mit lokalen Partnern zusammen und vermarkten ihre Produkte möglichst direkt am Hof oder auf lokalen Märkten.

Den Stall nach modernsten Standards konzipiert

Rainer Kurmann ist auf dem Hof aufgewachsen und als seine Eltern beide relativ kurz hintereinander verstarben, beschlossen er und seine Frau 2011, die Schafzucht weiterführen. Heute ist diese für ihn auch ein Ausgleich zu seinem Bürojob. 2017 entschlossen sie sich dazu, einen neuen Stall zu bauen. Sie haben ihn nach modernsten Standards von einem Holländer konzipieren lassen: Lichteinfall, Belüftung und viel Platz für die Tiere. Das elektrische Futterband in der Mitte bugsiert das Futter zu den verschiedenen Sektionen im Stall und lässt sich je nach Wunsch automatisiert zusammenstellen. Der gelernte Elektrotechniker hat seinen Spaß mit der neuen Technik, die die Arbeit erleichtert und die Bedingungen für die Tiere verbessert. „Das ist mit Sicherheit einer der modernsten Schafställe“, sagt der 38-Jährige.

Der Stall hätte eigentlich Platz für 160 Muttertiere und 250 Junge, aber Denise und Rainer Kurmann wollen sich noch genug Zeit für sich und ihre beiden Kinder im Alter von neun und elf Jahren bewahren. „Und so haben wir auch viel mehr Zeit für die Tiere“, ergänzt der Schafzüchter. Wichtig ist ihnen außerdem, transparent gegenüber ihren Kunden zu sein. Deshalb kommen regelmäßig interessierte Personen und auch Schulklassen vorbei und schauen sich den Stall und die Schafe an. „Wenn wir ein Tier essen, stirbt ein Lebewesen“ – sich dessen bewusst zu sein, ist ihnen ein besonders wichtiges Anliegen.

Deshalb ist es ihnen aber auch wichtig, die kleinen Momente mit den Tieren zu schätzen und sie als Lebewesen zu betrachten. Zum Beispiel die fünfjährige Camilla, die zurückblökt und angelaufen kommt, wenn ihr Name gerufen wird. Oder das Mutterschaf, das nach einer schwierigen Geburt wochenlang angelaufen kam, sobald sie den Stall betraten, so als würde es sich bedanken. „Mir gibt das schon ziemlich viel“, sagt Denise Kurmann.

Das Lamm als Symbol an Ostern

Symbol für Jesus Laut der evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) opferten fromme Nomaden in der biblischen Wüstenzeit Tiere zur Ehre von Gott. So etwa auch zum Pessachfest der Juden, mit dem die Befreiung der Israeliten aus der ägyptischen Knechtschaft gefeiert wird. Das unschuldige Lamm, das still zum Opferstein geführt wird, dieses Bild übertrug der Prophet Jesaja auf einen geheimnisvollen „Gottesknecht“, der die Welt durch sein Leid von Schuld befreien soll. Deshalb sehen die Christen das Lamm als Symbol für Jesus Christus, der unschuldig am Kreuz gestorben ist.

Lamm an Ostern Ein Aufruf zum Tieropfer ist laut EKD nicht damit verbunden, im Gegenteil: Das Bild von Jesus als Lamm steht für den Abschied vom alten Opfergedanken, denn Jesus ist bereits für die Sünden der Menschen gestorben. Lammbraten ist dennoch bei vielen Menschen an Ostern besonders beliebt. Noch verbreiteter ist das Osterlamm, ein Kuchen in der Form eines Lamms.

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Erstellt:
30. März 2024, 06:00 Uhr

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