Eduard Breuninger blieb stets mit Backnang verbunden

Beim Altstadtstammtisch hat Carsten Kottmann auf die Geschichte des erfolgreichen Unternehmers Eduard Breuninger zurückgeblickt.

Eduard Breuninger, Ehrenbürger der Stadt Backnang. Archivfoto: BKZ

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Eduard Breuninger, Ehrenbürger der Stadt Backnang. Archivfoto: BKZ

Von Uta Rohrmann

Backnang. Volles Haus beim Altstadtstammtisch in Backnang: Für den promovierten Historiker und Bibliothekar Carsten Kottmann, hier bereits zum elften Mal Referent, ist es eine Leidenschaft, die Geschichte seines Geburtsorts zu erforschen. Mit Eduard Breuninger stand eine Person im Raum, die weit über Backnang hinaus Bedeutung hat. Heute, über 90 Jahre nach dem Tod des Unternehmensgründers, hat die E. Breuninger GmbH&Co., Warenhaus im Einzelhandel mit Schwerpunkt Lifestyle- und Textilwaren, 6500 Mitarbeitende und einen jährlichen Umsatz von etwa einer Milliarde Euro. Ihre Warenhäuser sind fast im gesamten Bundesgebiet sowie in Luxemburg vertreten. Das Stammhaus befindet sich in Stuttgart.

„Vom Backnanger Kaufmannslehrling zum Stuttgarter Unternehmer“ lautet denn auch der Untertitel des Vortrags. Eduard Breuninger selbst habe 1911 seine Lebenserinnerungen aufgeschrieben, eingebettet in eine Festschrift zum 30. Jubiläum des Breuninger-Handelshauses. Dort seien interessante Einblicke in den damaligen Handel und die Textilbranche zu lesen, während Privates weitgehend ausgespart werde, wie der Referent berichtet. Auch Eduards erste Lebensjahre kommen darin nicht vor.

In eine Gerberfamilie hineingeboren

Der junge Eduard wurde am 14. Juli 1854 in eine Backnanger Gerberdynastie hineingeboren, welche sich bis ins 16. Jahrhundert zurückverfolgen lässt. „Am kalten Wasser 13“ war damals die Adresse seines Elternhauses, heute die Eduard-Breuninger-Straße 41. Dort steht seit 1978 das evangelische Gemeindehaus Am Kalten Wasser. „Nach der Volks- und Realschule machte Breuninger von 1868 bis 1871 eine kaufmännische Lehre im Handelsgeschäft Albert Müller in der späteren Adler-Apotheke“, so Kottmann. Über diese Zeit berichtet Eduard Breuninger anschaulich in seinen Lebenserinnerungen: „Das Geschäft führte vorwiegend Manufakturwaren, Garne, Wollwaren etc., nebenbei auch Kolonial- und Farbwaren, Öle, Tabak, Zigarren, etwas Glas und Porzellan, hatte die Agenturen der Blaubeurer Bleiche (Anm. d. Red.: ein Leinenhersteller und -händler aus Blaubeuren), einer Spinnerei und Lohnweberei und war das erste Geschäft am Platze (...).“

Besonders einträglich waren die Wochenmarkts- und insbesondere die Jahrmarktstage. Daneben gab es Zeiten, in denen hauptsächlich Regale gereinigt und Ladenhüter abgestaubt wurden, die Lehrlinge zu Haus- und Gartenarbeiten herangezogen wurden oder auch mal in die Murr baden gehen durften. Unvorstellbar aufwendig war das Zählen der Monatseinnahmen: „Die zwei älteren Lehrlinge hatten so ziemlich einen Tag zu tun, bis sie die halben und ganzen Kreuzer, die Groschen, Sechser, Siebenzehner, halben und ganzen Guldenstücke, 1/6, 1/3 und ganze Taler, Kronentaler, Doppeltaler etc. sortiert und rolliert hatten“, schreibt Eduard Breuninger.

Mit seiner Anstellung bei der Manufakturwaren-Großhandlung Bonnet und Gundert in Stuttgart, die ihm ein Jahresgehalt von 400 Gulden einbrachte, fühlte sich der noch nicht 17-Jährige privilegiert. 1873 bestand er die Einjährigenprüfung, die heutige Mittlere Reife, die ihm ermöglichte, seinen Wehrdienst von drei Jahren auf ein Jahr zu verkürzen. 1881 gründete Eduard Breuninger schließlich sein eigenes Warenhaus. „Mit ganz bescheidenen Mitteln, größtenteils Ersparnissen“, wie er schreibt, übernahm er Haus und Geschäft der Firma E.L. Ostermeyer in der Münzstraße 1 in Stuttgart. Seine um 24 Jahre jüngere Frau, Anna Lydia (geborene Veil), lobte er als „eine hervorragende Stütze des Geschäfts“. Deren stellvertretende Tätigkeit habe ihm in der ruhigen Zeit kleinere Reisen in die Umgebung ermöglicht. 1887 erwarb Breuninger zusätzlich das ehemalige Gasthaus „Zum russischen Großfürsten“ in der Münzstraße 7, das ebenfalls Ostermeyer gehört hatte.

Weitere Themen

Die erste Anzeige, die Breuninger 1881 aufgab, erschien auch im Backnanger Murrtal-Boten, also habe er sich auch Kundschaft aus Backnang erhofft, erläutert Kottmann. „Stuttgart, E. Breuninger, vormals E.L. Ostermeyer, Münzstraße Nr. 1, nächst dem Marktplatz und der Gemüsehalle, hält sein vollständig neu sortiertes Manufaktur-Waren-Lager bestens empfohlen. Größte Auswahl. Billigste Preise. Streng reelle Bedienung“, war da zu lesen. „In den nächsten Jahren wuchs das Breuninger-Geschäft immens, was mit enormen Bautätigkeiten einherging“, berichtet der Referent. Letztlich habe sich das Modehaus Breuninger in dem Straßenviertel etabliert, in dem sich noch heute das Stammhaus befindet.

Nicht nur als glänzender Geschäftsmann, sondern auch als fürsorglicher und warmherziger Mensch erlebten ihn seine Zeitgenossen. So baute er 1914, während des Ersten Weltkriegs, für seine damals 611 Angestellten das Erholungsheim Hohenrodt, das er auch anderen Verbänden zur Verfügung stellte.

Er stiftete die Stadtbücherei

„Zeitlebens blieb Eduard Breuninger seiner Heimatstadt Backnang verbunden“, erklärte Carsten Kottmann. „Er unterstützte sie in vielfacher Hinsicht, unter anderem mit dem Verleger und Drucker Friedrich Stroh als Mitbegründer der Reallehrer-Gutscher-Stiftung zur Förderung begabter Schüler.“ Zudem habe er die Stadtbücherei gestiftet und sich großzügig am Bau des Bürgerheims auf dem Hagenbach beteiligt, um nur wenige Beispiele für sein umfangreiches karitatives und kulturelles Engagement zu nennen.

Nicht nur in Backnang erhielt er die Ehrenbürgerwürde, sondern auch in Loßburg-Rodt, wo sich das Erholungsheim befand, und in Leutenbach, dem Geburtsort seiner Mutter. Neben seinem Geburtsort gibt es auch in Stuttgart und in Loßburg-Rodt eine Straße, die nach dem am 25. März 1932 verstorbenen schwäbischen Vollblutkaufmann benannt ist.

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Erstellt:
8. Mai 2024, 09:00 Uhr

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