Ein gutes Essen in Gemeinschaft

Bürgerpreis-Kandidaten: Die Evangelisch-methodistische Gemeinde Backnang bietet seit Jahren immer von April bis Oktober mittwochs einen offenen Mittagstisch an. Nun muss die Küche erneuert werden. Dazu werden Spenden oder das Preisgeld benötigt.

Das Team, das den offenen Mittagstisch trägt, will die Grenzziehungen zwischen Menschen unterschiedlicher Lebenswelten und unterschiedlicher Lebenslagen einreißen – bei einem guten Essen für alle. Die Küche, in der die Helfer wirbeln, ist jedoch in die Jahre gekommen. Archivfoto: privat

Das Team, das den offenen Mittagstisch trägt, will die Grenzziehungen zwischen Menschen unterschiedlicher Lebenswelten und unterschiedlicher Lebenslagen einreißen – bei einem guten Essen für alle. Die Küche, in der die Helfer wirbeln, ist jedoch in die Jahre gekommen. Archivfoto: privat

Von Matthias Nothstein

BACKNANG. Die Evangelisch-methodistische Zionskirche lädt seit 2014 zum offenen Mittagstisch ein. An jedem Mittwoch zwischen dem 1. April und dem 31. Oktober können sich dann all jene Menschen in den Kirchenräumen versammeln, die in Gemeinschaft zu Mittag essen wollen. Der offene Mittagstisch heißt genau deshalb so, weil er offen ist für alle Interessenten. „Gesellschaftliche Grenzziehungen, die sonst so häufig spür- und erlebbar sind, sollen ganz bewusst außen vor bleiben“, erklärt Pastor Alexander von Wascinski die Motivation. So wurde der offene Mittagstisch in den vergangenen Jahren einfach ein Treffpunkt am Mittwochmittag für Menschen, die rund um den Schillerplatz und die Stadtmitte tätig sind und in netter Atmosphäre ihre Mittagspause verbringen möchten.

Das Team der Ehrenamtlichen, immerhin um die 30 Personen, kämpft inzwischen aber mit den Tücken der Küche, die in die Tage gekommen ist und längst saniert gehört. Wie alt das Mobiliar und die Geräte sind, weiß Pastor von Wascinski gar nicht mehr, auf jeden Fall wurde die Küche schon vor 20 Jahren eingebaut und war auch damals schon nicht neu. Und es handelt sich schlicht um eine einfache Haushaltsküche, nicht um eine Gastroküche. Durch die intensive wöchentliche Nutzung beim offenen Mittagstisch sind nun aber ganz andere Anforderungen und Belastungen gegeben. Inzwischen krachen die Böden in den Schränken zusammen. „Wir arbeiten mit Stützen, damit das Geschirr nicht runterfällt“, so von Wascinski.

Mit der Unterstützung des Bürgerpreises sollte die Sanierung der Küche demnächst realisiert werden, und zwar abschnittsweise. Mithilfe von Spendengeldern soll als Erstes der Herd ausgetauscht werden. Als nächster Abschnitt sind dann aber die Küchenschränke an der Reihe, die durch Metallschränke ersetzt werden müssen. Von Wascinski: „Außerdem sind wir sehr darauf bedacht, die Küche auch hygienisch in einem einwandfreien Zustand zu halten.“

Der Betrieb wird frühestens nach der Sommerpause wieder aufgenommen.

Doch nun hat das Coronavirus auch den Zeitplan der Küchensanierung durcheinandergewirbelt. Gäste können derzeit keine bewirtet werden. Aufgrund der Örtlichkeit schaffen es die Verantwortlichen nicht, die derzeit geltenden Anforderungen an die Abstandsregelungen zu erfüllen. Von Wascinski geht davon aus, dass frühestens nach der Sommerpause der Betrieb wieder aufgenommen werden kann. „Wir schauen von Woche zu Woche, wie sich die Auflagen ändern.“

Die Ruhezeit möchte er nun nutzen, um die Sanierung voranzutreiben, auch wenn die Gemeinde dazu finanziell in Vorleistung treten muss, da die finanziellen Mittel noch fehlen. Aber ein Team von einem knappen Dutzend Mitarbeiter möchte sich der Aufgabe annehmen. Zumindest ein erster Abschnitt soll erledigt werden, auch wenn die Finanzierungsfrage noch nicht endgültig geklärt ist.

In normalen Zeiten haben die Organisatoren des offenen Mittagstischs jedes Jahr zwischen April und Oktober über 1600 Essen ausgegeben. An den Tischen entstehen lebhafte Unterhaltungen, und genau das ist laut von Wascinski das Ziel, „von ganz alltäglichen Begebenheiten bis hin zu tief greifenden Gesprächen über anstehende Nöte, schwere Lebenslagen oder Fragen über Gott und die Welt“.

Die organisatorische und alltägliche Arbeit des Mittagstischs wird ausschließlich von ehrenamtlichen Mitarbeitern getragen. Diese investieren viel Zeit und Energie in die verschiedensten Arbeiten. Es gilt die Räume vorzubereiten. Dazu treffen sich einige Teammitglieder schon morgens. Eine kurze Andacht um 8.45 Uhr gilt als Start in den Mittagstischtag. Später werden die Tische und Stühle gestellt und die Essenausgabe vorbereitet. Andere Arbeiten sind, die Lebensmittel zu bestellen und zu besorgen, das Kochen und die Gästebetreuung und -begleitung. Nach dem Essen gilt es noch, das Geschirr wieder abzuwaschen und aufzuräumen und die Räume zu putzen. All das zieht sich oft bis 16 Uhr, weiß von Wascinski, der sich auch noch um die Gesprächsführung oder das Organisieren der Mitarbeiter kümmern muss.

Das gute Essen in Gemeinschaft steht zwar im Zentrum der Veranstaltung, aber das Engagement der Helfer reicht viel weiter. Oftmals geschieht über die Tischgespräche hinaus Hilfe in konkreten Lebenslagen. Oder es können gute Kontakte zu Einrichtungen zur Hilfe in schwierigen Situationen vermittelt werden.

An jedem Mittwoch werden zwischen 50 und 100 Gäste bewirtet. Durch die kontinuierliche Arbeit ist unter vielen Gästen ein starkes Gefühl der Zugehörigkeit der Mittagstischgemeinschaft entstanden – eine Erfahrung, die manche der Gäste selten machen. Darüber hinaus engagieren sich immer wieder Gäste in der Durchführung des Mittagstischs. So besteht die Zugehörigkeit zur Tischgemeinschaft nicht nur über die Teilnahme am gemeinsamen Essen, sondern auch über die ehrenamtliche Mitarbeit im Team, zu dem in einer Mittagstischsaison (April bis Oktober) um die 30 Personen gehören, die in den unterschiedlichsten Bereichen tätig sind. Somit spiegelt sich der Erfolg des Mittagstischs vor allem darin wider, dass viele Menschen dort einen festen Platz in der Tischgemeinschaft gefunden haben, dass manche sogar den Sprung in die ehrenamtliche Mitarbeit gemacht haben und dass immer wieder neue Gäste beim Mittagstisch begrüßt werden können.

Für alle Investitionen ist die Gemeinde auf Hilfe angewiesen. Von Wascinski: „Da wir allen Gästen – egal in welcher finanziellen Lage – die Teilnahme ermöglichen, wird das Essen selbst auf Spendenbasis angeboten. Wir kassieren keinen bestimmten Betrag. Dabei merken wir, dass es vielen wichtig ist, wirklich einen Betrag zu geben, auch wenn er nur klein ist.“ Manche, die dazu in der Lage sind, spenden laut Pastor jede Woche auch großzügig. „Das ist die Grundlage, um den aktuellen Betrieb aufrechterhalten zu können. Aber es reicht bei Weitem nicht, um die notwendigen Investitionen im Bereich der Küche zu machen.“

In einer Serie stellt unsere Zeitung die Kandidaten aus unserem Verbreitungsgebiet vor, die beim Bürgerpreis Rems-Murr für den Leserpreis der Backnanger Kreiszeitung und der Murrhardter Zeitung nominiert sind.

Ein gutes Essen in Gemeinschaft

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Erstellt:
19. Mai 2020, 06:00 Uhr

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