In Großerlach hat der Gemeinschaftsgedanke Räder

Bürgerpreis 2023 Die Dorfgemeinschaft Neufürstenhütte richtet einen Bauwagen her, um ihn als Bewirtungsmobil bei Festen einzusetzen. Davon profitieren andere Vereine genauso wie die Allgemeinheit. Der rollende Botschafter des Ehrenamts wiedererweckt das Dorfleben.

Haben viel Herzblut in den Ausbau des Bewirtungswagens gesteckt, damit Vereine eine unkomplizierte Möglichkeit bekommen, Gäste zu bewirten (von links): Verena Laaber, Mayla, Martin Rokos, Marlene, Eva Pfeil, Liesa Rokos, Simon Pfeil mit Baby Hannes. Foto: Alexander Becher

© Alexander Becher

Haben viel Herzblut in den Ausbau des Bewirtungswagens gesteckt, damit Vereine eine unkomplizierte Möglichkeit bekommen, Gäste zu bewirten (von links): Verena Laaber, Mayla, Martin Rokos, Marlene, Eva Pfeil, Liesa Rokos, Simon Pfeil mit Baby Hannes. Foto: Alexander Becher

Von Nicola Scharpf

Großerlach. Er ist ein klassisches Coronaprojekt mit Mehrfachnutzen, leistet einen Beitrag zum Allgemeinwohl in Großerlach und ist ein „Mehrgenerationen-Ding“, wie es Liesa Rokos von der Dorfgemeinschaft Neufürstenhütte ausdrückt: Unscheinbar steht der Bauwagen mit dem hellgrauen Anstrich zwischen zwei Scheunen auf einer Grasfläche in Neufürstenhütte. Er gibt nicht sofort Preis, was in ihm steckt. Aber wenn die Mitglieder der Dorfgemeinschaft seine Türen öffnen und begeistert beginnen zu erzählen, wird klar, dass dieser Wagen mehr ist, als er scheint.

In Großerlach hat der Gemeinschaftsgedanke Räder

Mit ihrem Bauwagen will die Dorfgemeinschaft Neufürstenhütte eine unkomplizierte Bewirtung für Vereine in Großerlach ermöglichen und so die Gemeinschaft sowie das Vereinsnetzwerk fördern. „Früher war jeder Verein eher für sich“, erzählt Martin Rokos, auf dessen Grundstück das Mobil seinen Platz hat. „Aber wir sind eine Gemeinde.“ Zwar hat die Dorfgemeinschaft den Wagen angeschafft, stellt ihn aber auch anderen Vereinen – zum Beispiel den Grashoppers Liemersbach oder der Feuerwehr – für deren Veranstaltungen zur Verfügung. Im Gegenzug bekommt die Dorfgemeinschaft für ihre Feste die Registrierkasse vom einen Verein und die Fritteuse vom anderen als Leihgaben. Geben und Nehmen eben. Dieses Prinzip verinnerlichen in Neufürstenhütte bereits die Kleinsten: Das Jüngste der rund 75 Vereinsmitglieder kam erst Anfang Juli zur Welt. „Die Kinder wachsen ins Ehrenamt hinein“, sagt Liesa Rokos. Ihr und den Gleichgesinnten war es wichtig, wieder Leben ins Dorf zu bringen. Maibaumfest, Laternenlauf, Winterhocketse, Besenfest: Feiern verbindet. „Man muss es selbst in die Hand nehmen. Man kann nicht darauf warten, dass es jemand anderes macht. Man macht es für die eigenen Kinder, dass man nicht verantwortlich ist, wenn das Dorf stirbt“, so Liesa Rokos.

Idee entstand in der Pandemie

Die Dorfgemeinschaft gründete sich 2018 durch junge Menschen der Generation Y, organisierte zwei Kinderfasching-Veranstaltungen, bevor Corona kam und mitten in der Pandemie die Idee mit dem Bewirtungswagen entstand. „Das ist ein tolles Projekt, das machen wir, den Wagen richten wir“, gibt Liesa Rokos den Tenor im Verein wieder. Etwa zehn Personen bilden den harten Kern, der schon viel Herzblut in den Ausbau des Wagens gesteckt hat. Zum Beispiel wurde das verrostete Dach auf Vordermann gebracht, der Wagen gestrichen, die Ecken mit Metall verstärkt, die Elektrik neu gemacht. Der Innenausbau, also die Küche, erfolgt in Edelstahl – der Optik wegen und zu Zwecken der Reinigung. Die aktuell noch genutzte alte Holztreppe soll durch ein neues Exemplar ersetzt werden. Ein neuer Boiler soll rein. Die benötigten Materialien, das ist den Machern wichtig, kaufen sie bei Großerlacher Unternehmen. Bei der optischen Außenwirkung ist die Dorfgemeinschaft offen: „Wir können uns da alles mögliche vorstellen, etwa dass sich Sprayer verwirklichen“, sagt Liesa Rokos. Das Vereinslogo jedenfalls soll den Wagen zieren.

Feuerwehrfest war ein großer Erfolg

Vieles ist noch im Werden, einsatzbereit ist das Bewirtungsmobil aber bereits. „Beim Feuerwehrfest wurden wir überrannt“, sagt Simon Pfeil, der Küchenchef im Wagen ist und beispielsweise den Schwoabadip oder die Currysoße für die angebotenen Würste selbst herstellt. Der gelernte Zimmerer schätzt, dass der Wagen der Bewirtung von 800 bis 1000 Gästen diente. „Das haben wir bewältigt, aber es war die Grenze.“ Begeistert waren alle, das gibt Aufwind im Verein: „Guckt mal, was wir geschafft haben!“ Der Wagen hat das Zeug dazu, die Dorfgemeinschaft und andere Vereine zu motivieren, finden seine Macher: „Ohne Ehrenamt gäbe es keine Dorfgemeinschaft. Unser Projekt unterstützt in sämtlichen Ecken des dorfgemeinschaftlichen Miteinanders.“

Leserpreis In einer Serie stellen wir die zehn Kandidaten aus unserem Verbreitungsgebiet vor, die beim Bürgerpreis Rems-Murr für den Leserpreis der Backnanger Kreiszeitung und der Murrhardter Zeitung nominiert sind. Abstimmen für den eigenen Favoriten kann man vom 8. bis 17. September auf www.bkz.de.

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Erstellt:
7. August 2023, 09:00 Uhr

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