Im Spiegelberger Wasserwerk wird aus Rohwasser Reinwasser

Bei einem Tag der offenen Tür im neuen Wasserwerk Senzenbachtal konnten die Spiegelberger Bürger erfahren, welchen Weg durchs Leitungsnetz das Trinkwasser nimmt, bevor es aus den heimischen Hähnen sprudelt – Kostproben aus Spiegelberg-Gläsern inklusive.

Projektleiter Christoph Raithle erklärt, wie die Ultrafiltration mit ihren vertikal angeordneten Röhren funktioniert. Fotos: Alexander Becher

© Alexander Becher

Projektleiter Christoph Raithle erklärt, wie die Ultrafiltration mit ihren vertikal angeordneten Röhren funktioniert. Fotos: Alexander Becher

Von Nicola Scharpf

Spiegelberg. Von Wasser ist im Wasserwerk Senzenbachtal zunächst nichts zu sehen. Aber es plätschert und gluckert. Es lässt sich also hören, dass in dem verzweigten System aus dickeren und dünneren Leitungsrohren, aus größeren und kleineren Filtern und Pumpen einiges im Fluss sein muss. „Wasser ist das Wichtigste eigentlich“, formuliert es Spiegelbergs Wassermeister Dieter Schlipf kurz und treffend, als er eines der neuen Gläser mit dem Spiegelberg-Wappen, die die Gemeinde am Tag der offenen Tür verschenkt, unter den Hahn an einer Leitung hält und ein kühles Klares als Kostprobe zapft. Spiegelberger Wasser für Spiegelberger Bürger: Was im Hintergrund passiert, damit aus heimischen Hähnen heimisches Trinkwasser sprudelt, erfahren die Interessierten beim Gang durchs Wasserwerk in geführten Kleingruppen. Projektleiter Christoph Raithle und Geschäftsführer Frank Braun vom Backnanger Ingenieurbüro Frank übernehmen die Führungen und erklären auch anhand eines Schaubilds, wie die Trinkwasserversorgung aufgebaut ist.

Der Weg des Rohwassers ins Trinkwassernetz beginnt an den Quellen, an der großen und kleinen Silberquelle, am nördlichen Talhang des Senzenbachtals gelegen. Von dort wird das Wasser zum Wasserwerk geleitet und durchläuft zunächst die Ultrafiltration, skizziert Projektleiter Raithle. Die vier weißen, vertikal angeordneten Röhren fallen gleich beim Betreten des Wasserwerks in den Blick. Bei der Ultrafiltration werden Trübstoffe und Partikel entfernt. Anschließend erfolgt die UV-Desinfektion des Wassers, das danach ins 40 Kubikmeter fassende Sammelbecken gelangt. Wassermeister Schlipf öffnet den Schachtdeckel, der Blick auf die Wasseroberfläche wird frei. Auch eine Etage tiefer, die Gittertreppe hinunter, ermöglicht ein Guckloch Blicke ins Becken: Das runde Fensterchen dient dem Wassermeister der Sichtkontrolle. Auf dieser Ebene des Gebäudes dominieren diverse Pumpen. Eine große Pumpe übernimmt die Rückspülung der Filteranlage. Eine kleine Pumpe inklusive Mengenzählung befördert das aufbereitete Trinkwasser zum Hochbehälter Spiegelberg, der den Hauptort versorgt. Auch der Hochbehälter Jux kann bei Bedarf über große Pumpen gespeist werden. Von dort gibt es Verbindungsleitungen nach Nassach. Um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten, kann außerdem Wasser aus dem Hochbehälter Großhöchberg zugespeist werden und es besteht eine Anbindung des Wasserwerks an das Großerlacher Trinkwassernetz.

Blick ins 40 Kubikmeter fassende Becken: Das Guckloch dient der Sichtkontrolle.

© Alexander Becher

Blick ins 40 Kubikmeter fassende Becken: Das Guckloch dient der Sichtkontrolle.

Es gibt ein Gerät zur Luftentfeuchtung, was dem Schutz der Leitungen dient. Es gibt ein Messgerät, das die Trübung des Rohwassers auswertet, sodass das Wasser auch abgeschlagen werden kann, wenn es zu trüb für die Aufbereitung ist. Es gibt eine Lüftungsanlage für den Wasserbehälter, Probeentnahmestellen für die Trinkwasserkontrollen. Und dann ist da noch, gelegen an der Ultrafiltrationsanlage vorbei den Gang hinter, ein Büroraum: die Betriebszentrale mit raumhohen Netzwerkschränken und mehreren Monitoren, die der Überwachung der Trinkwasserversorgung dient. Hier laufen alle Daten zusammen. Hierher, an den Computer, führt Dieter Schlipfs erster morgendlicher Gang nach Dienstbeginn.

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Das neue Wasserwerk mit seiner Betriebszentrale hat die Arbeit des Wassermeisters durchaus verändert. Die Übertragung der Daten von den Außenstationen erfolgt via Mobilfunk. Das komplette Leitsystem ist außerdem über ein Tablet abrufbar. Die Alarmierung bei Ausfällen oder Notfällen erfolgt per Anruf aufs Handy. „Maßnahmen lassen sich schneller treffen. Zum Beispiel kann der Elektriker bei einem Pumpenausfall schneller gerufen werden“, sagt Schlipf, der 2007 stellvertretender Wassermeister und 2019 Wassermeister der Gemeinde Spiegelberg wurde. Darüber hinaus fallen für ihn weniger Kontrollfahrten an. Durch die Neukonzeption der Trinkwasserversorgung, für die das Wasserwerk Senzenbachtal der erste große Teil ist, gewinnt die Gemeinde Möglichkeiten, ihr Wasser zu verteilen. Und: „Das Zuviel ist bislang den Bach runtergegangen. Das ist jetzt effizienter“, sagt Frank Braun vom Ingenieurbüro.

Üppiges Eigenwasservorkommen zählt mit zum größten Kapital der Gemeinde

Seit Ende vergangenen Jahres ist das Wasserwerk im Probebetrieb und am Trinkwassernetz. Damit ist der erste umfangreiche Bauabschnitt zur Umsetzung der Spiegelberger Trinkwasserkonzeption vollendet. Ein Meilenstein ist erreicht, seit der Gemeinderat im Sommer 2016 ein Strukturgutachten für die Neuausrichtung der Wasserversorgung beschloss. Neben der herrlichen Landschaft gehört das üppige Eigenwasservorkommen zum größten Kapital der Gemeinde. Darauf sind die Spiegelberger stolz und waren sogar brüskiert, als der kommunale Zweckverband Wasserversorgung Nordostwürttemberg (NOW) ihnen vor vielen Jahren anbot, bei einer gemeindeübergreifenden Wasserversorgungskonzeption mitzumachen. Der Gemeinderat lehnte das rundweg ab und beschloss, sich weiterhin selbst das Wasser zu reichen. Als Konsequenz wurde das Strukturgutachten erstellt, in dem dem Regierungspräsidium die Spiegelberger Insellösung bis ins Detail dargelegt wurde. Dies war wichtig, da die Gemeinde für die Umsetzung der neuen Konzeption auf Landesmittel angewiesen ist. Allein für den ersten von acht Bauabschnitten wurden 1,5 Millionen Euro investiert, die zu 80 Prozent (1,1 Millionen Euro) aus Fördermitteln des Landes stammen.

Die Vorbereitungen für die Umsetzung des zweiten Bauabschnitts sind bereits getroffen: Die Baugenehmigung für das Wasserwerk Greutfeld mit Hochbehälter ist am Laufen. Spiegelbergs größtes Eigenwasservorkommen, der Tiefbrunnen Kuhnbachtal, kommt dabei zum Tragen. Es soll ein Reinwasserbecken mit einem Fassungsvermögen von 400 Kubikmetern entstehen, inklusive entsprechender Filtration. Doch bis dieser Bauabschnitt und alle folgenden allerdings so greif- und besuchbar sind, wie es das Wasserwerk Senzenbachtal bereits ist, werden noch viele Jahre vergehen.

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Erstellt:
18. März 2024, 11:30 Uhr

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