Ringen um den Weiterbetrieb des Weissacher Heims

Neubau oder Weiterbetrieb? Wie es mit dem Pflegeheim weitergeht, war 2023 eines der wichtigsten und meist diskutierten Themen der Gemeinde Weissach im Tal. Nun scheinen auf einmal alle an einer Weiternutzung des Gebäudes interessiert zu sein – zumindest vorübergehend.

Ob das Pflegeheim weiterbetrieben werden kann, wird sich voraussichtlich in den kommenden Wochen entscheiden. Archivfoto: Alexander Becher

© Alexander Becher

Ob das Pflegeheim weiterbetrieben werden kann, wird sich voraussichtlich in den kommenden Wochen entscheiden. Archivfoto: Alexander Becher

Von Melanie Maier

Weissach im Tal. Mitte November 2023 hat es für die Eigentümerinnen und Eigentümer der Zimmer des Weissacher Pflegeheims gute Neuigkeiten gegeben: Laut einer Feinplanung, welche die Interessengemeinschaft (IG) Gemeindepflegehaus Weissach im Tal in Auftrag gegeben hatte, könnte das Heim (nach einigen baulichen Anpassungen und mit ein paar Ausnahmeregelungen der Heimaufsicht des Landratsamts) auch über das bisherige Betriebsende im Juli 2026 hinaus genutzt werden. Das hat die IG bei einer Podiumsdiskussion des Offenen Grünen Treffs bekannt gegeben (wir berichteten).

Dass das bestehende Heim tatsächlich weiterbetrieben wird, steht allerdings noch nicht fest. Zunächst einmal müssen sich
die Eigentümerinnen und Eigentümer sowie der Betreiber des Heims, das Alexander-Stift, auf die Rahmenbedingungen für einen möglichen Weiterbetrieb einigen. Zu dem Zweck haben sich die Beteiligten sowie der Weissacher Bürgermeister Daniel Bogner und einige Gemeinderäte bereits Mitte Dezember getroffen. Das Treffen sei von einer „zielführenden konstruktiven Sachlichkeit“ geprägt gewesen, teilt die IG mit. Nun liegt es bei der Eigentümergemeinschaft, sich zu entscheiden, ob sie den Bedingungen, die das Alexander-Stift gestellt hat, zustimmt (darunter eine Mietminderung sowie verschiedene bauliche Anpassungen wie etwa das Anbringen einer Brandmeldeanlage). „Bis zum 12. Januar will das Alexander-Stift das Go haben“, berichtet Josef Voss, ein Vertreter der IG.

Skepsis über Neubau bis 2026

Ein so detailliertes Konzept wie die neu ausgearbeitete Feinplanung der IG habe jahrelang nicht vorgelegen, sagt Gaby Schröder, Geschäftsführerin des Alexander-Stifts. „Vonseiten der Eigentümergemeinschaft ist viele Jahre wenig bis nichts passiert. Hätte es die Feinplanung schon ein paar Jahre früher gegeben, würden wir jetzt ganz woanders stehen“, meint sie. Einen Vorwurf machen möchte sie den Eigentümerinnen und Eigentümern deshalb aber nicht. Es handle sich um zumeist ältere Privatleute.

Allerdings herrsche aus ihrer Sicht der öffentliche Eindruck, ein Weiterbetrieb des Heims wäre problemlos möglich, wenn sich das Alexander-Stift nur nicht so querstellen würde. Das sieht Schröder komplett anders. „Meiner Meinung nach kommen wir den Eigentümerinnen und Eigentümern entgegen“, sagt sie. Das Alexander-Stift habe Vorgaben, an die es sich halten müsse – darunter eben auch die der Landesheimbauverordnung (LHeimBauVO, siehe Infotext), die seit 2009 besteht und den Weiterbetrieb des Heims überhaupt erst infrage stellte.

Doch mittlerweile brennt es der Geschäftsführerin sprichwörtlich unter den Nägeln. „Ein Neubau ist bis 2026 niemals fertig“, sagt sie. „Für die 50 Bewohner und die rund 60 Mitarbeitenden brauchen wir jetzt Sicherheit: Geht es weiter oder nicht?“

Ein Neubau könnte trotzdem kommen

Weitere Themen

Würde die Betriebserlaubnis nicht verlängert werden, müsste das Alexander-Stift Ersatzwohnraum für die Bewohnerinnen und Bewohner suchen und sich um alternative Arbeitsstellen für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bemühen. In Weissach im Tal entstünde eine Versorgungslücke. „Auch ich würde mir wünschen, dass es in dem Heim weitergehen kann“, betont Gaby Schröder. „Wenn wir jetzt rausgehen, wäre es für alle die schlechteste Lösung.“

Eine Verlängerung um fünf Jahre ist das, was ihr vorschwebt. Die Zeit sollte ihrer Meinung nach dazu genutzt werden, einen Neubau vorzubereiten. Das bestehende Heim zehn Jahre weiter zu nutzen, sieht sie als unrealistisch an. Der vorübergehende Weiterbetrieb sei für die IG die Chance, sich um eine sinnvolle Nachnutzung für die Gebäude Brüdenwiesen 7 bis 9 zu bemühen, sagt sie. Denn selbst bei Neubauten stelle sich die Frage: „Können wir die Heime aufgrund des Fachkräftemangels langfristig überhaupt noch betreiben?“

Heimaufsicht beurteilt Konzept

Bei einem vorübergehenden Weiterbetrieb des bestehenden Heims führt Schröder zufolge nichts an einer Mietminderung vorbei. Der Standort sei schon jetzt defizitär, sagt sie. 2021 habe das Minus bei rund 100000 Euro gelegen, im Folgejahr bei zirka 20000 bis 25000 Euro. „Wir hatten in Unterweissach einmal 55 Plätze. Fünf sind 2019 weggefallen, trotzdem zahlt das Alexander-Stift noch dieselbe Miete. Aber jetzt fallen noch einmal Plätze weg.“ Mindestens 45 Plätze hatte das Alexander-Stift anfangs für den Weiterbetrieb des Heims gefordert, nun werden es wohl 44. „Ich habe auch eine Haftung für das Unternehmen“, stellt Gaby Schröder klar. „Auf Dauer können wir uns keine defizitären Einrichtungen leisten, wir müssen mindestens bei einer schwarzen Null herauskommen. Außerdem legen wir unsere Preise nicht selbst fest, die sind im Altenpflegebereich stark reguliert.“

Stimmt die Eigentümergemeinschaft den Bedingungen zu, wird das Alexander-Stift der Heimaufsicht ein entsprechendes Maßnahmenkonzept vorlegen. Ein Termin dafür steht schon fest: der 16. Januar. Die Heimaufsicht wird anhand des Konzepts sodann den Weiterbetrieb genehmigen oder aber mitteilen, welche weiteren Anpassungen nötig sind. Wie viel Zeit es in Anspruch nehmen wird, den Antrag zu bearbeiten, hänge davon ab, wie vollständig er sei, so Roman Böhnke. Er leitet das Ordnungsamt des Landratsamts, zu dem die Heimaufsicht des Kreises gehört. „Die Anträge“, sagt er, „werden bevorzugt behandelt.“ Würden alle Unterlagen vorliegen, könne der Prozess schon innerhalb weniger Tage erledigt sein. Sei vieles noch nicht geklärt, könne es aber auch mehrere Wochen dauern. Jetzt aber müssen sich die Eigentümergemeinschaft und das Alexander-Stift erst einmal auf ein gemeinsames Konzept einigen.

Die Landesheimbauverordnung und das Unterweissacher Pflegeheim

Verordnung Die Landesheimbauverordnung (LHeimBauVO) von 2009 regelt die Qualität des Wohnens in stationären Einrichtungen. Sie soll sicherstellen, dass in allen Alten- und Pflegeheimen im Land derselbe Standard gilt. In Baden-Württemberg gilt die Regelung nicht nur für Neubauten, sondern auch für Bestandsgebäude.

Vorgaben Die Verordnung bestimmt neben baulichen Anforderungen an Zimmergrößen und Gemeinschaftsflächen weitere Vorgaben, etwa zur Barrierefreiheit.

Umsetzung Für nach 2009 gebaute Heime galt die LHeimBauVO unmittelbar. Für ältere Einrichtungen bestand eine zehnjährige Übergangsfrist. In besonderen Fällen konnte diese auf bis zu 25 Jahre verlängert werden. In Unterweissach läuft die Übergangsfrist am 31. Juli 2026 aus. Wird bis dahin keine Lösung gefunden, darf das Heim nicht weiterbetrieben werden.

Gemeinde Seit mittlerweile mehr als einem Jahr ringen die Eigentümer der Pflegezimmer, der Heimbetreiber Alexander-Stift, die Heimaufsicht des Landratsamts und die Gemeinde Weissach im Tal um eine Lösung. Für einen möglichen Neubau ließ die Gemeindeverwaltung im Januar 2023 einen Bebauungsplan für die Fläche unterhalb des bestehenden Heims aufstellen – wogegen sich eine Bürgerinitiative erfolgreich einsetzte. Inzwischen hat die Gemeinde das Grundstück gegenüber dem Heim erworben. Dort hat der Gemeinderat bereits einen entsprechenden Bebauungsplan aufgestellt. Eine Stadtentwicklungsgesellschaft hätte nach Wunsch der Verwaltung mit der Entwicklung eines neuen Pflegestandorts auf der Fläche beauftragt werden sollen, dies lehnte der Gemeinderat jedoch ab: Zunächst solle geprüft werden, ob ein Weiterbetrieb des bestehenden Heims doch möglich sei.

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Erstellt:
9. Januar 2024, 06:00 Uhr

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