Toptalent in der Zwickmühle

Wie sich an Laurin Ulrich zeigt, haben es Eigengewächse beim VfB Stuttgart weiterhin schwer. Doch der 19-Jährige hat seine Leistungen in der Regionalliga stabilisiert und liebäugelt mit einer Leihe.

Will vorwärtskommen: VfB-Talent Laurin Ulrich

© Baumann

Will vorwärtskommen: VfB-Talent Laurin Ulrich

Von Carlos Ubina

Stuttgart - Für die wilden Kerle des VfB Stuttgart bleibt es verdammt schwierig. Jahrelang hatten die Talente aus dem eigenen Nachwuchs einen schweren Stand, weil die Profimannschaft im Abstiegskampf oder im Umbruch steckte. Manchmal auch beides gleichzeitig mit wechselnden Trainern. Da rückte in der Not die Entwicklung der Spieler in den Hintergrund, Ergebnisse mussten her. Jetzt kommen sie in der Fußball-Bundesliga nicht zum Zug, weil es außerordentlich gut läuft. Da mangelt es gegenüber der Konkurrenz im Kader oft an einem Schuss Qualität – noch. Siehe Laurin Ulrich.

An der Begabung des 19-Jährigen zweifelt an der Mercedesstraße keiner. „Laurin Ulrich ist eines unserer Toptalente, und wir trauen ihm zu, sich in Zukunft in der Bundesliga zu etablieren. Deshalb fördern wir seine Entwicklung weiterhin“, sagt der Sportdirektor Fabian Wohlgemuth, „wir dürfen aber nicht vergessen, dass er im Grunde noch ein A-Jugend-Spieler ist. Da ist auch Geduld gefragt.“

Der Mittelfeldspieler verfügt über eine feine Ballbehandlung und viel Spielverständnis. Und lange schien der Weg auf die große Bühne vorgezeichnet: Toptalent in der VfB-Nachwuchsakademie, starke Auftritte in den Juniorennationalmannschaften, Teilnahme an der U-17-EM, Profivertrag, Bundesliga-Debüt. Es lief.

Doch der Techniker musste den hohen Belastungen Tribut zollen, der Körper spielte nicht mehr mit. Verletzungen und Krankheiten warfen Ulrich immer wieder zurück. Das erinnert ein wenig an die Anfänge von Lilian Egloff nach dessen Sprung aus der weiß-roten Jugend in der Saison 2020/2021 in den Profikader. Allerdings erwischte es den damals 18-Jährigen im österreichischen Sommer-Trainingslager gleich schwer. Seither hat den einst Hochbegabten das Verletzungspech nicht mehr verlassen, und Egloff erfüllt das Versprechen auf die Zukunft bislang nicht. Wie es für den 21-Jährigen weitergeht, ist offen.

Für Ulrich, der über einen Vertrag bis 2026 verfügt, hieß es im Herbst erst einmal: wieder gesund und fit werden sowie Wettkampfpraxis sammeln. Seit vergangenem November verstärkt die Offensivkraft das Regionalliga-Team und weiß dabei immer mehr zu überzeugen. Vor allem als Vorbereiter.

Neun Torvorlagen stehen bei einem Treffer in Ulrichs Statistik, aber die Entwicklung soll weitergehen, auf möglichst hohem Niveau. Deshalb gibt es auf Spielerseite Überlegungen, ob eine Leihe in der nächsten Saison für den gebürtigen Heidenheimer Sinn ergibt. Gerne bei einem spielstarken Zweitligisten. Holstein Kiel, der SC Paderborn, der Karlsruher SC und der 1. FC Magdeburg gelten da als potenzielle Abnehmer. Konkret ist jedoch nichts, und auch im ungemütlichen Unterhaus müsste sich Ulrich erst einmal durchsetzen. Daran arbeitet er.

Mit einer Leihe versucht es aktuell dagegen Thomas Kastanaras, der Angreifer aus der eigenen Talentschmiede. Der 21-Jährige stürmt in der dritten Liga für den SSV Ulm. Auch bei Egloff (Vertrag läuft im Juni aus) wurde schon daran gedacht, ihm außerhalb von Stuttgart die Chance auf mehr Einsatzzeit zu geben. Um erst vorwärtszukommen und dann gestärkt zurückzukehren. Denn das gehört mittlerweile zum Ausbildungsprogramm und wird nach der Einigung mit dem Stammkeeper Alexander Nübel selbst beim Torwarttalent Dennis Seimen erwogen – sofern sich der passende Verein findet.

Doch auch in der U 21 des VfB lassen sich in der vierten Liga Fortschritte erzielen, wie Raul Paula eindrucksvoll beweist. Der 20-Jährige hat in der Mannschaft von Trainer Markus Fiedler als Mittelfeldspieler nicht nur mit 13 Treffern und sechs Torvorlagen auf sich aufmerksam gemacht. Er strebt nun ebenfalls nach oben und liebäugelt mit dem Sprung zu einem Erstligisten.

Ulrich, der dem verheißungsvollen 2005er Jahrgang der VfB-Jugend (Dennis Seimen, Samuele di Benedetto, Alexandre Azevedo, Paulo Fritschi) angehört, will sich zunächst in seinen Leistungen weiter stabilisieren. Für ihn bleibt es dabei eine Option, schon bald über ein Leihgeschäft einen Umweg zu nehmen – um an das Ziel zu gelangen.

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Erstellt:
17. April 2024, 22:12 Uhr
Aktualisiert:
18. April 2024, 21:55 Uhr

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