Von der eisernen Jungfrau zur Valkyrie

Beste Stimmung auf der Retro Classics: Autofans erfreuten sich auf der Messe an Ikonen der Fahrkultur und an zukünftigen Legenden.

Die Retro Classics – ein Paradies für Automobilliebhaber

© Fotoagentur-Stuttgart/Andreas Rosar

Die Retro Classics – ein Paradies für Automobilliebhaber

Von Petra Mostbacher-Dix

Stuttgart - Er macht was her: Knallrote Karosserie mit knallgelben Buchstaben darauf, die auf Deutsch Muschel heißen. Der fast 90 Jahre alte Chevrolet Tankwagen vor dem Haupteingang der Messe weist Besucherinnen und Besuchern den Weg zu dem, was sie hinter den gläsernen Drehtüren erwartet, die 23. Retro Classics, Messe für Fahrkultur. Bis Sonntag präsentieren Aussteller aus vielen Teilen der Welt Raritäten aller Epochen der Automobilgeschichte und was dazu gehört.

Das zieht am Samstagnachmittag viele Liebhaber automobiler Ikonen und Oldtimern von morgen an, die in verschiedensten Sprachen schwärmen und fachsimpeln. Im Foyer werden sie standesgemäß empfangen von einem weißen Mercedes-Benz 300 SL „Gullwing“ Coupé. Nicht nur die Flügeltüren erregen Aufmerksamkeit, auch die Filme über Autorennen. Mit dem Fahrzeug wurde der Rennfahrer Paul O’Shea in seinem Heimatland USA Sportwagenmeister.

Auch der Rösrather Rudolf Welle und der Augsburger Manfred Anders bleiben stehen. Die beiden Ingenieure in Rente sind Mitglieder des Topolino-Club-Deutschland, haben schon seit zehn Jahren einen Stand auf der Messe – wie auch andere Markenliebhaber vom Alfaclub über Ro80 Club International und Veteranen-Club Bretzenacker bis zum Zuffenhausener-Sportwagenfreunde e. V.

„Hier trifft sich alles“, so Rudolf Welle, vom Fiat Topolino schwärmend. Das „Mäuschen“ war der erste Fiat 500, wurde in Italien zwischen 1936 bis 1955 in drei Versionen insgesamt 516 646 Mal gebaut. „Sein Kern ist Sympathie“, lacht der Mann aus dem Rheinisch-Bergischen Kreis: „Ich sag’ immer, schadstoffarm und leistungsarm.“

Das Kleinstfahrzeug braucht nicht so viel von dem, was einst aus der etwa 100 Jahre alten „eisernen Jungfrau“ floss, die Arno Saager mit anderem Zubehör unter der Treppe aufgebaut hat. „So nannten die Chauffeure diese Handzapfsäule aufgrund ihrer Formen“, schildert der einstige Bankrevisor, der sich nun seiner Sammel- und Verkaufstätigkeit verschrieben hat. Die begann vor 40 Jahren. Heute ist er der einzige Offizielle, der mit Objekten und Memorabilien rund ums Tanken handelt. Mit 17 Jahren habe er in Frankfurt ein mit Zapfsäule dekoriertes Schaufenster gesehen. „Es war um mich geschehen.“ Seine erste eiserne Jungfrau erwarb der Ludwigsburger für 80 Mark in Steinheim an der Murr von einer insolventen Tankstelle.

Auf einer Auktion wollen manche erleben, wie teuer die Modelle weggehen, etwa ein Rolls Royce Corniche von 1977, der mit 59 500 Euro aufgerufen wird. Ein deutsch-österreichisches Paar, das in Luzern lebt, erzählt von Nachbarn, die da stets zwei Oldtimer verkaufen, damit Platz für zwei neue in der Garage gemacht wird, in der zehn davon stehen. Die Laune ist bestens – auch ob der Porsches scheinbar aller Jahrgänge, Mercedes, Jaguars, Bentleys, Ferraris und und und.

An anderer Stelle wird diskutiert, welchen Aston Martin James Bond in Goldfinger durchgeschüttelt hat. „Such a cool car“, schwärmt eine Gruppe Briten. Paul Miles stimmt zu. „Wir gehen zu allen Retro Messen, auch nach Paris und Essen, sind zum dritten Mal in Stuttgart“, sagt der Mann aus Manchester und zeigt auf einen olivgrünen Aston Martin Valkyrie. Der Supersportwagen hat 1015 PS, bringt in der Spitze 340 Stundenkilometer. Als er 2021 auf die Straße ging, war er trotz eines Preises von rund drei Millionen Euro mehrfach überzeichnet. „Absolute Klasse“, so Miles, der in der Baubranche tätig ist. „Schon jetzt eine Legende.“

Maximilian Kraus ist das erste Mal da und nimmt den neuesten Maserati unter die Lupe. „Klar, dass da bei vielen noch ein Herz für die Kunst und Technik des Verbrenners schlägt. Aber alle an der Hochschule wissen, dass es Richtung Elektro und neue Technologien gehen muss“, sagt der 19-Jährige, der in Kempten Fahrzeugtechnik studiert.

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Erstellt:
28. April 2024, 22:08 Uhr
Aktualisiert:
29. April 2024, 22:01 Uhr

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