Wie ein Windpark im Wald entsteht

Energiewende vor der Haustür (6) In Sulzbach-Laufen wird ein Windpark im Wald erweitert. Das Projekt ähnelt dem in Aspach/Oppenweiler geplanten. Wir haben uns deshalb angeschaut, wie ein Windpark überhaupt entsteht und wie sich der Wald nach ein paar Jahren erholt.

Der Transport der riesigen Rotorblätter durch den Wald ist kompliziert. Mit Hilfe eines sogenannten Selbstfahrers wird das große Bauteil in Kurven angehoben.Fotos: Alexander Becher

© Alexander Becher

Der Transport der riesigen Rotorblätter durch den Wald ist kompliziert. Mit Hilfe eines sogenannten Selbstfahrers wird das große Bauteil in Kurven angehoben.Fotos: Alexander Becher

Von Kristin Doberer

Sulzbach-Laufen. Ein Windrad zu montieren, das geht eigentlich recht flott: Etwa 15 Minuten dauert es zum Beispiel im Windpark Sulzbach-Laufen, ein Rotorblatt mit dem großen Spezial-Kran nach oben zu ziehen, wo es auf rund 165 Metern Höhe an die Nabe geschraubt wird. Zwei bis drei Tage arbeiten hier etwa acht Leute am oberen Teil einer Windkraftanlage, dann geht es weiter zur nächsten. In einem bestehenden Windpark entstehen bei der Gemeinde im Landkreis Schwäbisch-Hall gerade sieben weitere Windkraftanlagen im Auftrag des Unternehmens Uhl Windkraft, welches auch den Windpark in Aspach/Oppenweiler plant. Um die Klimaziele zu erreichen, entstehen aktuell überall in Deutschland neue Windparks, auch hier in der Region. Doch wie genau läuft so ein Bau eigentlich ab? Und welcher Schaden wird in einem Waldgebiet hinterlassen, wenn dort Windräder gebaut werden?

Im Vergleich zur reinen Montage nimmt die Einrichtung der Infrastruktur deutlich mehr Zeit in Anspruch. Hat ein Unternehmen die Baugenehmigung für einen Windpark, geht es zunächst los mit der Vorbereitung der Flächen. In Sulzbach-Laufen wurden unter anderem Bäume gefällt, Wege für die Baumaschinen verbreitert und Flächen begradigt. Außerdem wurden Schutzmaßnahmen für Amphibien wie die Gelbbauchunke getroffen. Auch wurden schon beim Ausbau der Wege Kabel verlegt, um die Windkraftanlagen später miteinander verknüpfen zu können.

Dann wird das Fundament gegossen und mit einem gewöhnlichen Kran wird zunächst der untere Teil des Windrads, der aus Betonschalen besteht, in die Höhe gezogen. Erst wenn das bei allen neuen Anlagen passiert ist, kommt der große Spezial-Kran zum Einsatz. Etwa fünf Tage dauert es nämlich, um diesen überhaupt aufzubauen. Er hebt dann die 150 Tonnen schweren und aus Stahl bestehenden oberen Turmstücke in die Höhe, ebenso wie das Maschinenhaus, die Windradnabe und zuletzt die Rotorblätter, die mit 23 Tonnen noch zu der leichten Bauteilen gehören.

Auf über 160 Metern Höhe wird das rund 23 Tonnen schwere Rotorblatt montiert. Möglich ist das nur durch einen Riesenkran, dessen Aufbau allein etwa fünf Tage dauert.

© Alexander Becher

Auf über 160 Metern Höhe wird das rund 23 Tonnen schwere Rotorblatt montiert. Möglich ist das nur durch einen Riesenkran, dessen Aufbau allein etwa fünf Tage dauert.

Damit die Montage schnell funktionieren kann, müssen allerdings alle Bauteile vor Ort sein. Der Transport der großen und schweren Bauteile ist besonders aufwendig. Die fast 80 Meter langen Rotorblätter müssen zum Beispiel erst mit einem Schwertransporter zu einem Sammelplatz in der Nähe des entstehenden Windparks gebracht und dort gelagert werden. Von dort werden sie dann nacheinander – und montiert auf sogenannten Selbstfahrern – zur Baustelle gebracht. In Schrittgeschwindigkeit schiebt sich das Rotorblatt dabei zwischen den Bäumen hindurch, in Kurven wird es über die Baumwipfel gehoben. Für die eigentlich nur 12-minütige Fahrt, braucht der Selbstfahrer fast drei Stunden. Dabei wird der Weg schon vorher genau begutachtet. Wo es nötig ist, werden Schilder entfernt oder Bäume gestutzt. Jeden Tag kann nur ein Rotorblatt so transportiert werden, denn die Selbstfahrer dürfen nur außerhalb des Berufsverkehrs unterwegs sein und nicht in einer Kolonne fahren.

Damit der Bau schnell geht, müssen außerdem alle Voraussetzungen stimmen. Allem voran muss es windstill sein, erklärt Philip Gohl, der sowohl den Windpark Sulzbach-Laufen, als auch den bei Aspach/Oppenweiler für Uhl Windkraft betreut. Aber selbst wenn alles detailliert geplant ist, gibt er zu: „Im Wald ist alles etwas komplizierter als auf der freien Fläche.“

Wege müssen ausgebaut, Bäume gefällt werden

Klar ist: Damit die riesigen Windräder gebaut werden können, müssen Bäume gefällt werden. Zwar versuchen die Bauunternehmen, bereits bestehende Infrastruktur zu nutzen, doch diese reicht nicht immer aus. In Sulzbach-Laufen zum Beispiel war die Ausgangslage mit mehreren ausgebauten Wegen bereits sehr gut, trotzdem mussten bestehende Wege zum Teil verbreitert, beziehungsweise am Rand befestigt werden, damit die breiten Baumaschinen und Selbstfahrer die schweren Bauteile überhaupt zu den Standorten mitten im Wald transportieren können. „Wir haben zum Beispiel in Kurven Wege deutlich verbreitern müssen“, sagt Gohl. Denn selbst wenn die Rotorblätter aufgerichtet werden, kommen sie nicht ganz leicht um enge Kurven zwischen den Bäumen. Auch in Aspach/Oppenweiler ist geplant, vor allem bestehende Wege zu nutzen und lediglich zu verbreitern. Allerdings werden wohl auch zwei Wege neu angelegt werden müssen, die bisher nur Rückegassen für die Waldarbeit waren, sagt Gohl zum aktuellen Planungsstand.

Philip Gohl von Uhl Windkraft: „Wir versuchen natürlich, so wenig Waldfläche wie möglich zu nutzen.“

© Alexander Becher

Philip Gohl von Uhl Windkraft: „Wir versuchen natürlich, so wenig Waldfläche wie möglich zu nutzen.“

Die meisten Auswirkungen auf den Wald selbst allerdings gibt es am tatsächlichen Standort. „Allein für den Auf- und Abbau des großen Krans müssen wir eine Fläche freilegen“, sagt Gohl. Denn die riesigen Baukräne, die die Rotorblätter und Co. nach oben ziehen, benötigen schon eine gewisse Fläche, auf der der Kranausleger bei seiner Montage liegen kann. Dazu kommt, dass allein der Aufbau des großen Krans die Hilfe eines normalen Krans benötigt, der auch Platz finden muss. „Wir versuchen natürlich, so wenig Waldfläche wie möglich zu nutzen“, sagt Gohl. Schließlich möchte das Unternehmen die Ausgleichsmaßnahmen für den Eingriff klein halten.

Nicht alle gerodeten Flächen werden wieder aufgeforstet

Bei der Rodung unterscheidet das Unternehmen dann in temporäre und dauerhafte Flächen. Denn nicht alle gerodeten Flächen können nach der Inbetriebnahme des Windparks wieder aufgeforstet werden. „Die dauerhaften Flächen halten wir vor, falls doch nochmal ein Kran an die Anlage muss.“ Zum Beispiel, falls eine größere Reparatur nötig wird. Temporäre Flächen, etwa um am Wegrand Platz für die großen Rotorblätter zu schaffen, werden in Zusammenarbeit mit den Förstern wieder bepflanzt. In Sulzbach-Laufen zum Beispiel sind die Bäume und Sträucher rund um die 2017 gebauten Windkraftanlagen schon ein gutes Stück gewachsen.

Außerdem betont Gohl mit Blick auf diejenigen, die Windkraftanlagen in Wäldern kritisch gegenüberstehen: „Es ist nicht so, als würden die Leute das Gebiet nun meiden.“ Das Waldstück bei Gaildorf werde trotz der mittlerweile 16 Windkraftanlagen von Radfahrern und Spaziergängern gerne als Erholungsgebiet genutzt.

Mit dem Bau der Windkraftanlagen ist es übrigens nicht getan. Denn auch das Netz muss an die Menge an Strom, die dann produziert wird, angepasst werden. „Etwa fünf Millionen kostet das Umspannwerk, das wir hier – ebenso wie bei Aspach/Oppenweiler – bauen“, sagt Gohl. Auch deshalb sei ein Windpark erst ab einer gewissen Anzahl an Windrädern wirtschaftlich.

Windpark Sulzbach-Laufen

Windpark Kohlenstraße Seit 2017 produzieren im Windpark Sulzbach-Laufen neun Windräder 32,4 Megawatt Strom.

Erweiterung 2020 ging man dann die Pläne für eine Erweiterung an. Sieben Anlagen, die knapp 39 Megawatt produzieren, wurden geplant und befinden sich gerade im Bau. In nur neun Monaten wurde die Erweiterung mit großer Unterstützung von Politik und Verwaltung genehmigt. Der Stromertrag des Windparks beläuft sich auf rund 66,5 Millionen Kilowattstunden pro Jahr, das entspricht in etwa dem Stromverbrauch von 19000 Haushalten.

Anlagen Es handelt sich um Anlagen von Enercon. Die Nabenhöhe beträgt etwa 165 Meter. Die Hybridtürme bestehen aus 34 Betonsegmenten bis zu einer Höhe von etwa 88 Metern sowie drei Stahlturmsegmenten mit einer Länge von je 30 Metern.

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Erstellt:
28. April 2024, 14:00 Uhr

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