Viel Bewegung – doch das Gerüst steht beim VfB

Vertragsverlängerungen, Neuzugänge, Verhandlungen: Die Stuttgarter sind mit ihren personellen Planungen für die kommende Saison schon weit vorangeschritten. Es gibt aber auch noch Unwägbarkeiten.

Enzo Millot

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Enzo Millot

Von David Scheu

Stuttgart - Keine Frage, der Frühling ist die Zeit der sportlichen Entscheidungen in der Fußball-Bundesliga. Es geht um Auf- und Abstieg, die internationalen Plätze und Abschlussplatzierungen. Zugleich aber basteln die Teams während der letzten Saisonspiele immer auch am Kader für die nächste Spielzeit. Der VfB Stuttgart bildet da keine Ausnahme – mit einem entscheidenden Unterschied im Vergleich zu den Vorjahren: Im April 2024 steht der Club ungleich besser da als zu vergleichbaren Zeitpunkten in der jüngeren Vergangenheit.

Die Basis? Ohne Wenn und Aber der sportliche Erfolg: Während zuletzt in den Jahren des Abstiegskampfs die Ligazugehörigkeit bis ganz zum Schluss offen war, herrschte dieses Mal schon zur Winterpause Gewissheit. Man kann mit einem weiteren Jahr Bundesliga planen. Nun ist diese Steilvorlage vom Rasen das eine, die Verantwortlichen um Sportdirektor Fabian Wohlgemuth und Vorstandschef Alexander Wehrle haben sie aber auch genutzt in den Büros an der Mercedesstraße – und in den ersten Monaten des Jahres etliche personelle Weichen gestellt. Die Verträge mit den Stützen Waldemar Anton, Chris Führich und Enzo Millot wurden vorzeitig verlängert, ebenso das Papier von Erfolgstrainer Sebastian Hoeneß.

Daraus ergibt sich eine recht komfortable Situation: Fast alle Stammspieler stehen bis mindestens 2026 unter Vertrag – was nicht ohne Kompromisse zu erreichen war. Die kürzlich verlängerten Verträge enthalten allesamt Ausstiegsklauseln, ebenso wie jener von Toptorjäger Serhou Guirassy. Aber auch diese Konstellation verschafft dem VfB ja ein Stück Planungssicherheit. Entweder der Spieler bleibt – oder der Verein erhält eine vertraglich fixierte Millionensumme als Ablöse, mit der dann ein Ersatz geholt werden kann. Natürlich wird hierfür im Hintergrund schon der Markt sondiert, an der Priorität gibt es aber keinen Zweifel: Die Mannschaft soll in ihrer jetzigen Form so gut als möglich zusammenbleiben.

Die Chancen dafür stehen nicht schlecht. Ein Abgang zahlreicher Leistungsträger wäre eine mittelgroße Überraschung – dafür ist die Aussicht auf die Champions League zu reizvoll, dafür befinden sich zu viele Spieler in der Form ihres Lebens mit guten Stammplatzaussichten.

Es gibt aber auch noch offene Vertragssituationen ausgeliehener Profis. Allen voran Stürmer Deniz Undav, den der VfB liebend gerne fest verpflichten würde. Durch die jüngsten Erfolge ist die mit Brighton & Hove Albion vereinbarte Kaufoption auf rund 20 Millionen Euro angestiegen – ein Kraftakt, der allenfalls bei einem Einzug in die Champions League (knapp 19 Millionen Antrittsprämie) zu stemmen wäre. Ob dann noch Geld bleibt für die Verpflichtung der ebenfalls ausgeliehen Spieler Jamie Leweling und Leonidas Stergiou für fünf respektive zwei Millionen, ist offen. „Durch die Teilnahme am internationalen Wettbewerb hat sich natürlich im Vergleich zum letzten Jahr die Wirtschaftlichkeit des Vereins ein Stück weit verändert“, sagt Wohlgemuth, ergänzt aber: „So ganz große Sprünge können wir trotzdem nicht machen.“

Trotz dieser Fragezeichen gilt: In Summe ist der VfB für die kommende Saison personell präpariert, das Gerüst steht – und eine Verjüngungskur ist auch nicht nötig, da sämtliche Stammspieler 28 Jahre oder jünger sind. Die Kaderstrategie liegt bei dieser Konstellation auf der Hand: Der VfB sucht nicht hochpreisige Topspieler, sondern arbeitet an der Kaderbreite. Das wäre durch die anstehende Mehrfachbelastung mit mindestens acht zusätzlichen Partien auf europäischer Bühne ohnehin nötig gewesen. „Tiefe und Breite des Kaders müssen sich verändern, weil wir mehr Spiele haben“, sagt Wohlgemuth.

Auch hier steht man nicht bei null, drei Neuzugänge für den Sommer sind bereits fix. Stürmer Nick Woltemade (22) kommt von Werder Bremen, Außenspieler Justin Diehl (19) vom 1. FC Köln, zudem Mittelfeldspieler Yannik Keitel (24) vom SC Freiburg. Zusammen kommt das Trio auf 103 Bundesliga-Einsätze – ein sofortiger Sprung in die Stammelf ist in allen Fällen fraglich. In die Strategie einer größeren Kaderbreite passen die Transfers aber allesamt.

Dabei wird es nicht bleiben. Vor allem auf den hinteren Kaderplätzen ist einiges in Bewegung. Die Verträge der Reservisten Genki Haraguchi, Roberto Massimo und Lilian Egloff laufen aus, Perspektiven über den Sommer hinaus haben sie kaum. Zugleich hat der VfB acht Profis an andere Vereine verliehen, die im Sommer zurückkehren werden – vornehmlich Stürmer, unter denen es auch Kandidaten für einen Kaderplatz gibt. Mohamed Sankoh (20) zum Beispiel hätte man diese Rolle schon im Vorjahr zugetraut, ehe sich auf den letzten Drücker noch ein Leihgeschäft mit dem niederländischen Erstligisten Heracles Almelo ergab – wo Sankoh bei sechs Saisontoren steht. Das Gros der Leihspieler dürfte aber in der stark besetzten VfB-Offensive kaum Einsatzchancen haben, so dass hier viele Gespräche über eine erneute Leihe oder einen Verkauf anstehen.

Fest steht also: Es wird sich noch eine Menge tun in Sachen Transfers beim VfB. Fest steht aber ebenso: Die Grundlagen für die kommende Saison sind gelegt.

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Erstellt:
16. April 2024, 22:10 Uhr
Aktualisiert:
17. April 2024, 21:53 Uhr

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