Die Abi-Prüfungen laufen: Mit dem Aperol-Thema zum Abitur

Am Wirtschaftsgymnasium der Eduard-Breuninger-Schule in Backnang haben sich gestern 41 Schüler den Herausforderungen des Deutsch-Abiturs gestellt. Vor einer Woche startete das Abitur an den beruflichen Gymnasien. Die Prüfungen laufen noch bis 7. Mai.

Simone Kupka teilt im Klassenzimmer die Prüfungsaufgaben für den Deutschleistungskurs aus. Foto: Alexander Becher

© Alexander Becher

Simone Kupka teilt im Klassenzimmer die Prüfungsaufgaben für den Deutschleistungskurs aus. Foto: Alexander Becher

Von Simone Schneider-Seebeck

Backnang. Die Erleichterung ist Emily Treise anzusehen, die Hälfte all ihrer Abiturprüfungen hat sie nun hinter sich. Bereits eine halbe Stunde vor dem Abgabezeitpunkt ist sie fertig mit ihrem Deutschaufsatz, Thema: Texterörterung zum Text „Teilzeit ist nicht gleich Aperol-Zeit“ von Lea Schönborn. Ob sie zufrieden ist? „War okay“, meint sie. Die Lektüren seien nicht infrage gekommen, ergänzt sie dann und lacht, der Essay sei ihr vom Thema her etwas zu unsicher gewesen. Zur Vorbereitung auf die schriftliche Deutschprüfung hat sie sich insbesondere mit den Anmerkungen zu ihren vorigen Deutschklausuren auseinandergesetzt. Die BWL-Prüfung hat sie bereits hinter sich, nun stehen noch die Klausuren in Biologie und Englisch an.

Die Stimmung vor dem Klassenzimmer in der Eduard-Breuninger-Schule ist eigentlich recht entspannt. Ab und zu öffnet sich die Tür, ein Schüler oder eine Schülerin verlässt, oft noch mit einem Rest Nervennahrung in der Hand, den Raum, in dem insgesamt 33 Prüflinge des erweiterten Anforderungsniveaus, sprich dem Deutschleistungskurs, bis zu 315 Minuten Zeit haben, sich intensiv einem der vier Themen im Prüfungsfach Deutsch zu widmen. Neben der bereits erwähnten Texterörterung stehen eine literarische Erörterung zu Georg Büchners „Woyzeck“, eine Kurzprosainterpretation zum Text „Die Flucht“ von Rainer Maria Rilke sowie ein Essay unter Berücksichtigung eines zusammengestellten Dossiers mit dem Titel „Wunderbare Welt des Wachstums“ zur Auswahl. Wie sich zeigt, hat besonders die Texterörterung großen Anklang bei den jungen Leuten gefunden.

Nächste Woche gehen die Prüfungen mit Englisch und Biologie weiter

Gelassen sitzt Anna Niehaus da und wartet. „Es lief besser als erwartet“, meint sie. Die Texterörterung sei ihr am sympathischsten gewesen, auch seien die Klausuren in diesem Bereich am besten gelaufen. Vorbereitet hat sie sich vor allem mithilfe ihrer früheren Klausuren, insbesondere auf die Aufbaustruktur dieser Textsorte. Die Zeit habe recht gut gereicht, mit acht abgegebenen Seiten habe sie sogar relativ viel geschrieben, „für meine Verhältnisse“, sagt sie schmunzelnd. Bei der BWL-Prüfung sei es dagegen ziemlich knapp geworden, „eine Minute vor Schluss“ war sie fertig. Auch bei Anna Niehaus geht es wie bei Emily Treise in der nächsten Woche zunächst mit Bio, dann mit Englisch weiter.

Immer mehr Prüflinge verlassen den Klausurenraum. Was sie denn als Thema gewählt haben? „Texterörterung“ ist die so gut wie einhellige Antwort. Die anderen drei Themen habe er als recht schwer empfunden, meint dazu Hasan Kirdemir, der sich wie auch viele der anderen Schülerinnen und Schüler vor allem auf das Fach BWL intensiv vorbereitet hat.

Auch für acht Prüflinge des Deutschgrundkurses wird es ernst

Kann das denn sein, dass ein kompletter Deutsch-Abi-Jahrgang ausschließlich die Texterörterung bevorzugt? „Kurzprosa hat ihre Tücken“, meldet sich da die Kollegin der Aufsicht zu Wort. „Da kann man auch total danebenliegen.“

Weitere Themen

Nach intensivem Nachfragen findet sich tatsächlich ein Schüler, der sich an dieses schwierige Sujet gewagt hat. Bereits in den vorigen Klausuren über Interpretationen zu Kurzprosa hatte Vincent Widmer gut abgeschnitten. Das Thema liege ihm, meint er, und: „Ich habe es gut verstanden und wusste viel.“ Für ihn steht nur noch die Englischprüfung in einer Woche an, immerhin etwas Zeit zum Ausruhen, nachdem er bereits die Mathematik- und BWL-Prüfungen hinter sich gebracht hat.

Zwei weitere Schülerinnen heben sich vom Texterörterungs-Mainstream ab. Nova Schmitt hat sich an den Essay gewagt, es hatte sich bereits bei vorigen Klausuren gezeigt, dass ihr dies liegt. Ob es gut gelaufen ist? „Das kann ich nicht einschätzen“, meint sie, wirkt allerdings keineswegs unglücklich. Nun heißt es, sich auf Biologie und Englisch zu konzentrieren. Für die literarische Erörterung zu „Woyzeck“ hat sich Ana-Maria Hiraldo-Sequeiros entschieden. „Durch den Unterricht habe ich mich gut vorbereitet gefühlt“, erklärt sie.

Nicht nur für die beiden Leistungskurse, auch für acht Prüflinge des Deutschgrundkurses wird es an diesem Donnerstag ernst. 255 Minuten stehen zur Verfügung, um entweder eine literarische Interpretation von „Corpus Delicti“ (Juli Zeh), eine Gedichtinterpretation zu Georg Heyms „Die Gefangenen“, eine Texterörterung zum Kommentar „Womit keiner rechnet“ (Leon Igel) oder eine Textanalyse zum Kommentar „Müssen wir den Schwarzwald umbenennen?“ von Theo Sommer zu verfassen.

65 Schüler gehören dem diesjährigen Abiturjahrgang am Wirtschaftsgymnasium der Eduard-Breuninger-Schule an. „Der demografische Wandel ist auch bei uns spürbar“, sagt Abteilungsleiter Steffen Schaupp. Er habe schon Jahrgänge mit über 100 Abiturienten erlebt.

Dazu komme auch die immer stärkere Tendenz, die Schule bereits nach der 12. Klasse – ohne Prüfung – zu verlassen. Damit hat man bereits den schulischen Teil der Fachhochschulreife in der Tasche, mit anschließender Ausbildung oder einem einjährigen Praktikum steht der Fachhochschule dann nichts mehr im Weg.

Zwei verschiedene Anforderungsebenen

Neue Prüfungsordnung In diesem Jahr wird das Abitur an den beruflichen Gymnasien zum ersten Mal nach der neuen Ausbildungs- und Prüfungsordnung Berufliche Gymnasien abgelegt. Ein zentraler Aspekt der Oberstufenreform ist die Differenzierung in den Fächern Deutsch und Mathematik in den Jahrgangsstufen in ein grundlegendes und ein erhöhtes Anforderungsniveau (gAN und eAN). Neben den für die beruflichen Gymnasien charakteristischen sechsstündig unterrichteten berufsbezogenen Schwerpunktfächern – am Wirtschaftsgymnasium etwa BWL – wird das fünfstündig auf erhöhtem Anforderungsniveau belegte Fach Deutsch oder Mathematik schriftlich geprüft. Als drittes schriftliches Prüfungsfach wird eines der belegten vierstündigen Fächer Deutsch oder Mathematik oder die fortgeführte Fremdsprache geprüft sowie ein von den Schülern gewähltes viertes schriftliches Prüfungsfach. Hinzu kommt verpflichtend eine mündliche Prüfung in einem weiteren Fach. Hierbei ersetzt ab 2024 eine „klassische“ mündliche Prüfung die bisherige Präsentationsprüfung, wie es in einer Presseerklärung des Kultusministeriums heißt.

31.000 Schüler Bereits am 18. April begann das Abitur mit Biologie an den allgemeinbildenden Gymnasien, das letzte Prüfungsfach ist Mathematik am 7. Mai. Etwa 31.000 Schülerinnen und Schüler legen ihre Prüfungen an allgemeinbildenden Gymnasien sowie an Gemeinschaftsschulen mit gymnasialer Oberstufe ab.

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Erstellt:
26. April 2024, 06:00 Uhr

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