Kommunalwahlen 2024: Wer tritt an und wer hört auf?

Am 9. Juni werden die Gemeinderäte in Baden-Württemberg neu gewählt. Viele Kandidatenlisten von Parteien und Wählervereinigungen sind schon fertig. In Backnang finden sich darauf einige interessante Namen. Sechs Mitglieder des Gemeinderats kandidieren wohl nicht wieder.

Am 9. Juni wird wieder eine Menge Papier verbraucht: Bei den Kommunalwahlen müssen sich die Wählerinnen und Wähler durch lange Listen mit Namen kämpfen. Im Backnanger Gemeinderat sind 26 Plätze zu vergeben. Archivfoto: Alexander Becher

© Pressefotografie Alexander Beche

Am 9. Juni wird wieder eine Menge Papier verbraucht: Bei den Kommunalwahlen müssen sich die Wählerinnen und Wähler durch lange Listen mit Namen kämpfen. Im Backnanger Gemeinderat sind 26 Plätze zu vergeben. Archivfoto: Alexander Becher

Von Kornelius Fritz

Backnang. Noch scheint die Kommunalwahl am 9. Juni weit weg zu sein, doch für die Parteien und Wählervereinigungen, die sich um die Plätze in Gemeinderäten und im Kreistag bewerben wollen, tickt die Uhr. Die Frist für die Einreichung der Wahlvorschläge endet am 28. März. Wir haben bei den politischen Gruppierungen in Backnang nachgefragt, wie die Vorbereitungen für den Wahltag laufen.

CDU Mit sieben Mitgliedern stellt die CDU die stärkste Fraktion im Backnanger Gemeinderat. Die Liste für die Wahl im Juni steht, wie die Fraktionsvorsitzende Ute Ulfert mitteilt, die Aufstellungsversammlung fand bereits Mitte Januar statt. Sechs der amtierenden Stadträte treten wieder an, lediglich Gerhard Ketterer wird nicht mehr kandidieren. Der dienstälteste Stadtrat wird im März 82 Jahre alt. Er gehört dem Gremium seit 1980 an. Welche Namen sonst noch auf der CDU-Liste stehen, will Ute Ulfert noch nicht verraten, mit der Besetzung ist sie aber zufrieden: „Wir haben eine gute Mischung“, sagt die Fraktionschefin. Auch Personen ohne Parteibuch seien mit dabei. Der Frauenanteil liegt zu Ulferts Bedauern bei unter 50 Prozent: „Die Zurückhaltung bei den Frauen ist größer“, hat sie bei der Kandidatensuche festgestellt. Die Doppelbelastung durch Beruf und Familie sei für Frauen oft noch höher als bei Männern.

Bündnis 90/Die Grünen Am 9. Februar will die Partei ihre Liste für die Gemeinderatswahl beschließen. Die Grünen haben in Backnang aktuell fünf Sitze, vier Fraktionsmitglieder wollen weitermachen. Nur Juliana Eusebi verzichtet auf eine erneute Kandidatur für den Gemeinderat, bei der Kreistagswahl tritt sie aber wieder an. 13 Kandidatinnen und 13 Kandidaten zu finden – bei den Grünen ist eine paritätische Besetzung der Liste Pflicht –, sei nicht ganz einfach gewesen, erklärt Fraktionschef Willy Härtner: „Man kann die Leute nicht einfach vom Baum schütteln.“ Insbesondere jüngere Bewerber seien schwer zu finden, zumal die Grünen im Backnanger Raum auch keine aktive Jugendorganisation mehr haben. Auch der Zeitaufwand des Ehrenamts schrecke viele ab. Trotzdem ist es den Grünen inzwischen gelungen, alle Listenplätze zu besetzen. Jetzt hofft Härtner, dass niemand mehr kurzfristig abspringt.

SPD Die Sozialdemokraten setzen auf bewährte Kräfte: Die fünf amtierenden Stadträtinnen und Stadträte treten alle wieder an – auch Fraktionschef Heinz Franke, der im August 75 wird. „Es macht mir immer noch Spaß und wenn ich etwas mache, dann mache ich es auch richtig“, erklärt Franke, der seit 30 Jahren im Gemeinderat sitzt. Auf der paritätisch besetzten SPD-Liste, die diese Woche verabschiedet wurde, stehen aber auch neue Namen, etwa der von Rosa Moriello, die als Betreiberin der Eisdiele Dolomiti stadtbekannt ist. „Wir haben eine gute und vielseitige Liste“, findet Stadtrat Armin Dobler, der auch stellvertretender Vorsitzender des SPD-Ortsverbands ist. Etwa die Hälfte der Kandidaten seien keine Parteimitglieder. Die Suche nach geeigneten Kandidaten war aus Doblers Sicht nicht schwieriger als bei früheren Wahlen: „Einige Leute haben sogar gesagt, sie fänden es gerade in diesen Zeiten wichtig, für Demokratie einzustehen.“

Bürgerforum Backnang Für die Gemeinderatswahl 2019 hatte das Bürgerforum eine gemeinsame Liste mit der FDP aufgestellt – das ist Geschichte. Mittlerweile ist Fraktionschefin Charlotte Klinghoffer aus der FDP ausgeschlossen worden, weil sie bei der Regionalwahl auf einer konkurrierenden Liste angetreten war (wir berichteten). Bei der Wahl im Juni tritt das Bürgerforum nun wieder mit einer eigenständigen Liste an, die am Montag offiziell aufgestellt wird. Angeführt wird diese von Charlotte Klinghoffer und ihrem Mann Jörg Bauer. Der dritte BfB-Stadtrat Karl Scheib tritt hingegen nicht wieder zur Wahl an und auch Erdal Demir, der 2019 für das Bündnis für Innovation und Gerechtigkeit (BIG) in den Gemeinderat gewählt worden war, während der Wahlperiode aber zum Bürgerforum wechselte, steht nicht mehr zur Verfügung. Dafür starten die ehemaligen Stadträte Sabine Esenwein und Eric Bachert einen neuen Anlauf.

AfD Aktuell vertreten Michael Malcher und seine Frau Betty – als Nachrückerin für den nach Stuttgart umgezogenen Steffen Degler – die AfD im Backnanger Gemeinderat. Beide sind allerdings keine Parteimitglieder. Michael Malcher hatte seine Mitgliedschaft 2021 aus Ärger über den Parteiausschluss seines Fraktionskollegen Degler gekündigt. Deshalb rechnet er auch nicht damit, dass die Partei ihn und seine Frau wieder aufstellen wird: „Bisher wurden wir nicht gefragt.“ Stattdessen will die AfD den Backnanger Zahnarzt Steffen Balz als Spitzenkandidaten ins Rennen schicken. Die Aufstellungsversammlung soll aber erst Anfang März stattfinden. Bis dahin könnten sich Interessierte noch bei ihm melden, teilt der Kreisvorsitzende Daniel Lindenschmid mit. Für die amtierenden AfD-Stadträte wird es im neuen Gemeinderat wohl keine Sitze mehr geben. Eine Kandidatur auf einer anderen Liste sei unwahrscheinlich, erklärt Michael Malcher.

Christliche Initiative Backnang Geradezu begeistert berichtet Lutz-Dietrich Schweizer von der Kandidatensuche. „Es war dieses Mal deutlich einfacher, Leute zu finden. Wir mussten am Ende sogar einigen absagen“, erzählt der CIB-Fraktionsvorsitzende, der ebenso wie Stadträtin Meike Ribbeck wieder antreten wird. Auch Volker Bäßler, der bis 2019 im Gemeinderat saß, steht wieder auf der Liste. Die CIB rekrutiert ihr Personal in erster Linie aus den Backnanger Kirchengemeinden, vor allem die Liebenzeller Gemeinschaft ist stark vertreten. „Uns einen gemeinsame Werte“, sagt Lutz-Dietrich Schweizer, der seit 1994 Mitglied des Gemeinderats ist.

Backnanger Demokraten 2019 hatte es die Wählervereinigung, die dem linken Spektrum zuzuordnen ist, erstmals geschafft, einen Sitz im Gemeinderat zu gewinnen. Diesen möchte Stadtrat Volker Dyken im Juni nicht nur verteidigen, sondern mit seiner Liste möglichst noch ein zweites Mandat und damit Fraktionsstärke erlangen. Die Kandidatensuche läuft noch und gestaltet sich nicht einfach: „Gerade junge Leute haben oft andere Pläne als die Kommunalpolitik“, sagt Dyken, der einst als „Nopper-Stopper“ bei der OB-Wahl antrat. Mit einer Social-Media-Kampagne hofft er, noch engagierte Leute zu finden. Umweltaktivist Andreas Brunold wird laut Dyken nach „Differenzen mit dem aktiven Kern der Backnanger Demokraten“ diesmal nicht auf deren Liste kandidieren.

Weitere Listen Es ist davon auszugehen, dass noch weitere Gruppierungen bei der Gemeinderatswahl antreten werden. So möchte Axel Bauer aus Sachsenweiler mit einer „Jungen Liste Backnang“ an den Start gehen. Das Durchschnittsalter der Kandidaten liegt laut Bauer bei 27 Jahren: „Wir hoffen, dass wir so den Altersschnitt im Gemeinderat unter 60 Jahre drücken können.“ Bauer selbst und viele seiner Mitstreiter hatten schon 2019 für den Gemeinderat kandidiert, damals noch für die von ihnen gegründete, inzwischen aber wieder aufgelöste Online-Partei duhastdiewahl.org.

Wer sonst noch zur Wahl antritt, wird sich bis Ende März zeigen. Gut möglich, dass noch mehr Listen ins Rennen einsteigen. Laut Verwaltungsdezernent Timo Mäule wurden die Unterlagen, die für das Einreichen von Wahlvorschlägen nötig sind, schon 13-mal im Rathaus angefordert.

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Wahlalter Schon seit 2014 dürfen in Baden-Württemberg Jugendliche ab 16 Jahren bei Kommunalwahlen wählen, nun dürfen Minderjährige erstmals auch gewählt werden. Sollte tatsächlich eine Person unter 18 in den Gemeinderat einziehen, hätte das Konsequenzen. Laut Verwaltungsdezernent Timo Mäule dürften die Sitzungen dann maximal bis 22 Uhr dauern.

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Erstellt:
3. Februar 2024, 06:00 Uhr

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