Hobby der Söhne ist das Hobby der Eltern

Familienbande im Sport (2) Für die Heckelmanns besteht die Freizeit fast ausschließlich aus Radball. Die drei Söhne Mika, Emil und Anton spielen aktiv. Die Eltern Nadine und Markus sind ehrenamtlich beim RSV Waldrems tätig.

Mika, Nadine, Anton, Markus und Emil Heckelmann (von links) in ihrem zweiten Zuhause, der Radsporthalle Waldrems. Foto: Alexander Becher

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Mika, Nadine, Anton, Markus und Emil Heckelmann (von links) in ihrem zweiten Zuhause, der Radsporthalle Waldrems. Foto: Alexander Becher

Von Lars Laucke

Radball ist in mehrfacher Hinsicht ein Familiensport. Zum einen ist oft die komplette Familie eingebunden, wenn der Nachwuchs sich für Radball entscheidet. Zum anderen „sind wir Radballer schon eine Art große Familie“, erklärt Markus Heckelmann. Der 49-Jährige ist Abteilungsleiter der Radballer des RSV Waldrems und weiß, wovon er spricht: Seine drei Söhne Mika, Emil und Anton spielen Radball, seine Frau Nadine ist eine der Übungsleiterinnen der RaKiTu-Gruppe („Radball-Kinderturnen“). Markus Heckelmann ist auch Coach der Fünfermannschaft des RSV, die zuletzt sechsmal in Folge Deutscher Meister geworden ist. Doch mit der „großen Radball-Familie“ ist nicht nur der RSV Waldrems gemeint. „Wir kennen uns alle untereinander, also auch die anderen Teams aus Baden-Württemberg und anderen Bundesländern. Auf dem Feld sind wir Gegner, aber nebenbei hat man mit allen Kontakt“, erklärt der 15-jährige Emil Heckelmann. Da die Teams ja im „normalen“ Radball nur aus zwei Spielern bestehen, wäre man schließlich auch recht einsam, würde man sich nur mit dem eigenen Kollegen umgeben.

Der älteste Sohn kam über Klassenkameraden zum Radball

Mit Mika begann die Radballhistorie bei den Heckelmanns. „Ich war etwa sechs Jahre alt und ein paar Klassenkameraden haben Radball gespielt. Da bin ich auch mal hingegangen und direkt dabei geblieben“, erinnert er sich. Bei Vater Markus rannte er damit offene Türen ein: „Ich hätte als Kind gerne Radball gespielt. Aber in meinem Heimatdorf in der Nähe von Schwäbisch Gmünd gab es das nicht. Also bin ich doch beim Fußball gelandet. Wir haben zwar mit unseren normalen Rädern und dann mit den Füßen auf der Straße so etwas Ähnliches gespielt. Aber mit richtigem Radball hatte das nicht viel zu tun.“ Für eine eigene aktive Karriere war es bei Markus Heckelmann mittlerweile zu spät. Zwar arbeitet er auch als Trainer „und ich kann einigermaßen auf dem Rad fahren. Aber für ein richtiges Spiel reicht es nicht“, räumt er ein.

Radball gehört zu den Sportarten, in denen es recht lange dauert, bis man wirklich spielfähig ist. Fußballer zum Beispiel haben es da leichter, denn laufen und gegen einen Ball treten (wie gut oder schlecht auch immer) kann fast jeder. Um sich aber auf den speziellen Radballrädern überhaupt mal unfallfrei fortbewegen zu können, braucht es hingegen einiges an Übung. Auf dem weit hinten angebrachten Sattel lässt es sich kaum sitzen, das Rad hat eine Eins-zu-eins-Übersetzung. Eine Pedalumdrehung bedeutet eine Umdrehung des Rads, einen Leerlauf gibt es nicht. Hört man auf zu treten, bleibt das Rad stehen. Und da ist noch nicht einmal ein Ball im Spiel.

Doch obwohl Radball eine koordinativ sehr anspruchsvolle und durchaus rasante Sportart ist, scheint der Coolness-Faktor unter Jugendlichen überschaubar zu sein. „Von den Klassenkameraden, die Fußball gespielt haben, kamen oft Sprüche nach dem Motto: ,Radball spielt doch keiner. Da bist du eh gleich baden-württembergischer Meister.‘ Aber es mal selbst zu versuchen, hat sich nie einer getraut“, erinnert sich Mika Heckelmann, der mittlerweile Informatik studiert. Seine Brüder stimmen zu: Als Radballer kann man noch so erfolgreich sein – Eindruck schindet man unter Altersgenossen damit kaum. Dennoch sind sich die „Heckelmänner“ einig: „Es ist der coolste Sport überhaupt!“

Dass nach Mika auch die beiden jüngeren Brüder mit dem Radball beginnen würden, war zwar nicht von den Eltern forciert, aber dennoch fast folgerichtig. „Ich war immer mit in der Halle“, berichtet Emil Heckelmann. „Damals gab es hier noch kein 18-Zoll-Rad. Also habe ich mir ein 20er genommen. Das war für mich zum Aufsteigen eigentlich noch zu hoch. Deshalb habe ich mich auf den Absatz am Fenster gestellt und bin vor dort losgefahren.“ Sein Vater ergänzt: „Wenn er anhalten wollte, fuhr er dann immer zu mir, damit ich ihn auffange.“ Und der jüngste Heckelmann-Spross Anton ist quasi in der Waldremser Radballhalle aufgewachsen, war schon im Kinderwagen immer mit dabei. „Ich wollte schon auf dem Laufrad immer mitspielen“, erinnert er sich. „Anton ist wirklich mit dem Radball aufgewachsen. Marcel Schüle aus der Bundesliga-Mannschaft ist sein Patenonkel.“ Der Jüngste der drei Brüder hat zwar auch mal Fußball gespielt, sich aber recht schnell für Radball entschieden.

Für ihr eher ungewöhnliches Hobby nehmen die Heckelmanns auch viele Mühen und Unannehmlichkeiten in Kauf. So sind Fahrten zu Spieltagen aufgrund der eher spärlich gesäten Vereine meist eine längere Angelegenheit. Wo Fußballer oder auch Handballer stöhnen, wenn mal mehr als 25 oder 30 Kilometer zu fahren sind, gilt bei Radballern eine Anreise von bis zu 50 Kilometern fast schon als Heimspiel. Ein weiterer Faktor ist die geringe Mannschaftsgröße. „Bei anderen Mannschaftssportarten können sich die Eltern auch mal rausnehmen, weil ja noch zehn andere da sind, die fahren können. Aber bei nur zwei Spielern ist die Auswahl eben entsprechend klein“, sagt Nadine Heckelmann. Bei drei Söhnen bedeutet das für die Eltern, „dass es von September bis Pfingsten nahezu kein radballfreies Wochenende gibt“.

Verpasste Qualifikation zur deutschen Meisterschaft hat auch etwas Gutes

Auch Terminkollisionen sind natürlich immer möglich. Von einer ganz schweren Entscheidung blieben die Eltern vergangenes Jahr immerhin noch verschont. Da hatte sich Emil für die deutschen Meisterschaften der U 15 qualifiziert, Anton und dessen Partner verfehlten die Qualifikation in der U 13 nur um ein einziges Tor. „Das wäre am selben Wochenende an unterschiedlichen Orten gewesen. Ich hätte echt nicht gewusst, für wen ich mich hätte entscheiden sollen“, sah Markus Heckelmann das Ganze auch mit einem lachenden Auge.

Das Hobby der Söhne ist also gleichzeitig auch das Hobby der Eltern. „Wir fühlen uns im Verein sehr wohl und ein Großteil unseres Freundeskreises kommt aus dem Radball“, erklärt Nadine Heckelmann. Dabei wäre es übrigens auch kein Problem gewesen, wenn einer der „Heckelmänner“ eine Tochter geworden wäre. „Es gibt nur wenige, aber natürlich dürfen auch Mädchen Radball spielen. Inzwischen gibt es auch bei der Weltmeisterschaft einen Frauen-Wettbewerb“, weiß Markus Heckelmann.

Bei den WM-Turnieren ist die Familie regelmäßig als Zuschauer dabei. Selbst einmal dort mitzuspielen, wäre für Emil „ein Traum. Aber das ist noch weit entfernt.“ Der mittlere der drei Brüder ist nach einhelliger Meinung der Eltern derzeit der mit dem größten Potenzial, steht auch im Verbandskader. Für Mika, der das Radballspiel zwischendurch schon etwas zurückgefahren hatte, ist das Thema Bundesliga oder gar WM abgehakt: „Ich war jetzt beim Fünferteam als Ersatzspieler dabei. Es da mal fest in die Mannschaft zu schaffen, da hätte ich schon noch Lust drauf“, sind seine Ambitionen etwas kleiner. Doch auf den Punkt bringt es letztlich Anton Heckelmann: „Ich will einfach nur Spaß haben am Radball!“ Denn schließlich ist das für ihn und seine Brüder der coolste Sport überhaupt.

In dieser Serie stellen wir Familien vor, deren Name für eine Sportart steht oder in deren Leben sich sehr viel, manchmal sogar fast alles um den Sport dreht.
Die Radballfamilie Heckelmann

Markus Heckelmann (49) Der aus der Nähe von Schwäbisch Gmünd stammende Familienvater kam über seine Söhne zum Radball. Er ist Abteilungsleiter beim RSV Waldrems und zudem als Trainer und Betreuer aktiv – unter anderem beim Fünferteam, das zuletzt sechsmal in Folge Deutscher Meister wurde.

Nadine Heckelmann (47) Die dreifache Mutter hat vor ein paar Jahren mal die Lizenz als C-Trainerin absolviert, diese jedoch auslaufen lassen. Sie ist aber eine der Übungsleiterinnen, die beim RSV Waldrems das Radball-Kinderturnen betreuen. Hier bekommen Kids zwischen dreieinhalb und acht Jahren eine sportliche Grundausbildung und werden auch schon an Radball herangeführt.

Mika Heckelmann (18) Der Älteste der drei Brüder begann mit etwa sechs Jahren mit dem Radball. Er war in der U 13 Deutscher Vizemeister und spielt seit der abgelaufenen Saison im Aktivenbereich. Hier schaffte er zusammen mit Philipp Schüle den Aufstieg in die Landesliga.

Emil Heckelmann (15) Über seinen Bruder kam er schon im Kindesalter zum Radball. Mit seinem Partner Philipp Stang wurde Emil 2023 Deutscher Vizemeister der U 15. Zudem hat er bereits fünf Titel bei baden-württembergischen Meisterschaften gewonnen und war 2021 Vierter bei den deutschen Meisterschaften der U 13.

Anton Heckelmann (10) Der jüngste Spross der Familie ist quasi in der Radsporthalle aufgewachsen und spielt schon seit vier Jahren Turniere. In diesem Jahr gewann er zusammen mit Petrik Stang erstmals den Titel bei den baden-württembergischen Meisterschaften.

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Erstellt:
17. April 2024, 06:00 Uhr

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