Historische Villa in Backnang vorbildlich saniert

Das ehemalige Wohnhaus des Backnanger Stadtbaumeisters Christian Hämmerle in der Erbstetter Straße erstrahlt in neuem Glanz. Oberbürgermeister Maximilian Friedrich hat den Eigentümern dafür die Plakette der Städtebauförderung überreicht.

Der Baumeister Christian Hämmerle hatte ein Faible für Türmchen und Erker. Auch bei seinem eigenen Wohnhaus durfte das natürlich nicht fehlen. Die Fachwerkkonstruktion wurde jetzt im Zuge der Sanierung wieder freigelegt. Foto: Alexander Becher

© Alexander Becher

Der Baumeister Christian Hämmerle hatte ein Faible für Türmchen und Erker. Auch bei seinem eigenen Wohnhaus durfte das natürlich nicht fehlen. Die Fachwerkkonstruktion wurde jetzt im Zuge der Sanierung wieder freigelegt. Foto: Alexander Becher

Von Kornelius Fritz

Backnang. Häuser, die der Oberamtsbaumeister Christian Hämmerle (siehe Infotext) gebaut hat, findet man in Backnang an vielen Stellen. Zu den wichtigsten Gebäuden gehören die Pestalozzischule, das Pflegestift Staigacker und die Friedhofskapelle auf dem Stadtfriedhof. Aber auch Hämmerles eigene Villa, die er 1892 für sich und seine Familie in der Erbstetter Straße unweit des Bahnhofs errichten ließ, ist historisch interessant. Typisch für Hämmerles Baustil ist neben der Klinkerfassade und den Rundbogenfenstern auch das kleine Türmchen. Nicht umsonst trug der Architekt seinerzeit den Spitznamen „Türmlesbaumeister“.

Bereits im Jahr 1917, ein Jahr nach Hämmerles Tod, kaufte die Backnanger Familie Weidmann das Gebäude, die es zu einem Mehrfamilienhaus umbaute und die Wohnungen vermietete. Seitdem wurde das markante Gebäude, das aber nicht unter Denkmalschutz steht, mehrfach vererbt, investiert wurde allerdings wenig. „Es war lange Jahre in keinem guten Zustand“, erinnert sich Tobias Großmann, der Leiter des Stadtplanungsamts.

Projekt wird mit öffentlichen Mitteln gefördert

Das hat sich jetzt geändert: 2019 bekamen Ernst Peter Weidmann und seine Schwester Eva das Haus überschrieben und beschlossen, die überfällige Sanierung anzugehen. Unterstützung erhielten sie dabei von der Stadt Backnang, die den Bauherren nicht nur mit Rat und Tat zur Seite stand, sondern das Projekt auch in ihr Sanierungsgebiet „Innenstadt III“ aufnahm. Das öffnete den Eigentümern die Türen zu Fördergeldern: Insgesamt 75000 Euro aus der Städtebauförderung von Bund und Land sind in das Projekt geflossen, die Stadt Backnang steuerte weitere 10000 Euro bei. Mit diesem Geld wurde unter anderem das Fachwerk des Türmchens wieder freigelegt.

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Den größten Teil der Investitionen von rund 1,3 Millionen Euro haben allerdings die privaten Eigentümer getragen. Zusätzlich haben sie auf dem Nachbargrundstück auch noch ein neues Mehrfamilienhaus errichtet. Dort hatte sich zuvor ein Lagerhaus befunden, das Christian Hämmerle einst als eine Art Museum für seine historische Sammlung erbaut hatte und das im Volksmund als „Altertumspaläschdle“ bekannt war. Aus Sicht von Stadtplaner Tobias Großmann handelt es sich bei dem Projekt um ein Musterbeispiel dafür, wie historische Bausubstanz auch im Privatbesitz erhalten werden kann. Geplant wurden Sanierung und Neubau vom Architekturbüro Kraft und Kraft aus Schwäbisch Hall, das laut Großmann über die nötige Erfahrung mit alten Gemäuern verfügt.

Wohnungen und Bürofläche sind schon vermietet

Inzwischen ist die Hämmerle-Villa wieder bewohnt: Im vergangenen Herbst sind die neuen Mieter eingezogen. Heute gibt es dort sogar eine Wohnung mehr als vor der Sanierung, denn auch das Dachgeschoss, wo einst die Dienstboten des Oberamtsbaumeisters ihre Zimmer hatten, wurde zu einer modernen Wohnung ausgebaut. Auch der energetische Standard hat sich deutlich verbessert, eine neue Pelletheizung versorgt nun beide Gebäude mit Wärme. Als Anerkennung für die gelungene Sanierung überreichte Backnangs Oberbürgermeister Maximilian Friedrich den Eigentümern nun die Plakette der Städtebauförderung des Ministeriums für Landesentwicklung und Wohnen. Die wurde dann auch gleich an der Fassade angebracht.

„Wir sind der Eigentümerfamilie dankbar für diese Aufwertung und hoffen, dass sich andere Hauseigentümer davon inspirieren lassen“, sagte der OB. Neben dem positiven Effekt für das Stadtbild würdigte Friedrich auch den Beitrag gegen den Wohnungsmangel. In den beiden Gebäuden stehen insgesamt zehn Wohnungen und eine Bürofläche mit einer Größe zwischen 35 und 127 Quadratmetern zur Verfügung. Wegen der Nähe zum Bahnhof sind diese vor allem für Pendler attraktiv. Und von den Balkonen an der Rückseite bietet sich ein herrlicher Ausblick über die Stadt und das Murrtal.

Christian Hämmerle

Beruf Christian Gottfried Hämmerle wurde 1843 in Cannstatt als Sohn eines Weingärtners geboren. Nach einer Steinmetzlehre studierte er an der königlichen Baugewerkeschule in Stuttgart. 1871 wurde er zum Stadtbaumeister in Murrhardt gewählt, fünf Jahre später kam er als Oberamtsbaumeister nach Backnang. Dieses Amt bekleidete er bis zu seiner Pensionierung im Jahr 1908. Neben seiner amtlichen Tätigkeit betrieb er ein florierendes Architekturbüro.

Leben Privat beschäftigte sich Christian Hämmerle auch mit Geschichte und Archäologie. 1907 unternahm er mit Zug, Schiff und Kutsche eine zweimonatige Orientreise, die ihn bis nach Ägypten führte. In Backnang sorgte Hämmerle für Aufsehen, als er sich 1903 das erste Automobil der Stadt kaufte. Er starb 1916 in Feuerbach.

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Erstellt:
22. April 2024, 06:00 Uhr

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